Bonpflicht: SPD-Politikerin Meri Uhlig stellt sich der Kritik des Knittlinger Bäckers

22. Januar 2020 , 10:00 Uhr

Karlsruhe (cmk) Martin Reinhardt sorgte vor rund zwei Wochen für Aufsehen in der Region. Der Bäcker aus Knittlingen sammelte in seinen eigenen vier Bäckereifilialen die Kassenbons, um sie dann an FDP-Politiker Prof. Dr. Erik Schweickert weiterzugeben. Damit wollte er auf die Problematik der Belegpflicht in der Praxis aufmerksam machen.

20.500 Belege für den Wirtschaftsausschuss

Schweickert versprach damals, die Belege an den Wirtschaftsausschuss des Landes Baden-Württemberg weiterzuleiten, auch er sprach sich gegen eine Belegpflicht in der jetzigen Form aus und forderte eine Bagatellgrenze von zehn Euro (wir berichteten). Die FDP-Fraktion wird am Mittwoch einen entsprechenden Änderungsantrag im Wirtschaftsausschuss einbringen. Eine andere Sichtweise auf das Gesetz, das bereits 2016 erlassen wurde, hat Meri Uhlig, Beisitzerin im Landesvorstand der SPD. Bei die neue welle KLARTEXT traf die Integrationsbeauftragte der Stadt Karlsruhe nun auf den Landesinnungsmeister für das Bäckerhandwerk und Obermeister der Bäckerinnung Nordschwarzwald, Martin Reinhardt.

Kritik an Ausnahmeregelungen

Während Meri Uhlig die Belegpflicht dabei als „Gebot der Vernunft und Solidarität“ bezeichnete, blieb Martin Reinhardt bei seiner Auffassung: „Die Belegpflicht ist für uns in dieser Form eine Zumutung!“ Der Bäcker berief sich dabei auf die aus seiner Sicht nicht funktionierenden Ausnahmeregelungen. „Jedes Finanzamt handhabt die Ausnahmeregelungen anders“, so Reinhardt. So sei es bereits bei seinen Kollegen vorgekommen, dass erst eine Ausnahmeregelung genehmigt wurde und später wieder zurückgezogen wurde. In diesem Punkt konnte auch die SPD-Politikerin nichts entgegensetzen und sprach selbst von „fehlenden Normen“.

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Gesetz im Jahr 2016 erlassen

Schon im Jahr 2003 wurde bekannt, dass der Bundesrepublik Deutschland durch schwarze Schafe und nicht gebuchte Verkäufe im Handel rund 10 Milliarden Euro Steuereinnahmen pro Jahr entgehen. In diesem Zug wurde im Jahr 2016 das Gesetz zur Belegpflicht erlassen. Das sei laut Uhlig „genug Zeit das umzusetzen“. Sie sieht vor allem auch die Verbände in der Verantwortung: „Die Verbände haben geschlafen und digitale Lösungen nicht umgesetzt!“ Auch Reinhardt spricht sich strikt gegen den Steuerbetrug aus, fordert gleichzeitig aber: „Die ganze Branche wird hier unter Generalverdacht gestellt, man muss gegen die schwarzen Schafe vorgehen und nicht gegen alle.“

Heutige Belegpflicht eigentlich nur ein Kompromiss

Die jetzige Belegpflicht war nach Angaben von Uhlig allerdings auch nicht der Wunsch der SPD, die Partei habe sich für ein österreichisches Modell eingesetzt. Dieses Vorhaben sei dann an der CDU gescheitert und nur dieser Kompromiss in der jetzigen Form der Belegpflicht geblieben. Außerdem habe Deutschland innerhalb der EU darauf gedrängt, dass andere Länder wie Portugal und Griechenland den Steuerbetrug unterbinden, daher habe die Bundesrepublik selbst nachziehen müssen. Auch die Formulierung „Generalverdacht“ sieht Uhlig problematisch. „Sie als ehrlicher Bäcker sollten doch den Wettbewerbsvorteil der schwarzen Schafe in den Vordergrund rücken und nicht den Generalverdacht“, so die SPD-Politikerin.

Registrierkassen und manipulationssicheres System

Mit diesem Thema verbunden sind die Kassensysteme in Deutschland. Seit dem 1. Januar 2020 ist dabei geregelt, dass jeder Betrieb, der bereits eine Registrierkasse nutzt, auf ein manipulationssicheres System umstellen muss. Die Geschäfte haben dafür Zeit bis zum 1. September 2020. Vor diesem Hintergrund versteht der Bäckereiinhaber Martin Reinhardt den Sinn der Belegpflicht überhaupt nicht mehr. „Wir müssen inzwischen manipulationssichere Kassensysteme haben und jetzt noch zusätzlich die Belegpflicht. Da wird jeder Klick abgespeichert bevor der Bon rauskommt und kann nicht mehr rausgenommen werden. Das Finanzamt steckt einfach nur noch einen Stick in die Kasse und sieht sofort alles. Wenn ich die Kasse aufmache, zeigt mir die Software sogar an, wie lange die Kasse offen war.“ Diese Kasse müsse man zudem beim Finanzamt melden, doch das Normblatt dafür fehle bis heute.

Letztendlich waren sich die SPD-Politikerin und der Landesinnungsmeister für das Bäckerhandwerk einig, dass die Belegpflicht bei einer flächendeckenden Einführung der manipulationssicheren Registrierkassen wahrscheinlich nicht mehr nötig wäre. Hier geht’s zur ganzen Folge von die neue welle KLARTEXT.

https://www.die-neue-welle.de/display-news/aerger-um-belegpflicht-baeckerei-aus-knittlingen-schickt-20-500-bons-an-den-wirtschaftsausschuss-bw

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