Karlsruhe/Stuttgart (dpa/lk) – Einen Tag vor einem größeren Protest der schwer angeschlagenen Schausteller hat das Wirtschaftsministerium finanzielle Hilfen für die Branche in Aussicht gestellt. Außerdem werde intensiv daran gearbeitet, Möglichkeiten für eine Öffnung von Veranstaltungen wie Floh- und Krämermärkten zu schaffen, versicherte die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Mittwoch im Landtag. In Karlsruhe sollen die Schausteller bald die öffentlichen Plätze bespielen dürfen. Der Gemeinderat hat dies in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen. Da die Schausteller derzeit keine Einnahmen generieren können, erlässt die Stadt ihnen dafür sogar die Sondernutzungsgebühren, die normalerweise bei öffentlichen Plätzen anfallen würden. Bei der Demonstration am Donnerstag in Stuttgart werden auch rund 50 Karlsruher Schausteller dabei sein.
„Alle Entscheidungen bleiben aber stark daran ausgerichtet, dass wir das Infektionsgeschehen unter Kontrolle halten“, sagte Hoffmeister-Kraut. Bei der Überbrückungshilfe des Bundes für die Schausteller gebe es eine Förderlücke ausgerechnet dort, wo die finanziellen Belastungen für die meisten Unternehmen dieser Branche am größten seien. Deshalb solle es bei den Tilgungsraten für Kredite einen „ergänzenden Förderansatz zur Überbrückungshilfe“ geben, sagte die Ministerin, ohne Details zu nennen. In der kommenden Woche werde das Kabinett eine entsprechende Vorlage erhalten.
Für Susanne Filder, 1. Vorsitzende des Schaustellerverbands Karlsruhe ist das aber noch nicht genug: „Es ist nicht nur unser Geschäft, es geht um unser Leben. Wir sind es gewohnt im Frühjahr raus zu fahren und von Ort zu Ort oder Stadt zu Stadt zu ziehen. Dort stellen wir unsere Geschäfte auf und versuchen etwas einzunehmen, wobei wir da ja auch wetterabhängig sind.“ Inzwischen fühlten sich viele Schausteller ihrer Lebensgrundlage entzogen. In Karlsruhe herrsche auch ein gewisses Unverständnis. „Mittlerweile ist fast alles wieder geöffnet. Daher ist es für uns unerklärlich, dass wir nicht raus dürfen und es bei uns keine Lockerungen gibt. Denn Konzepte haben wir“, so Filder weiter.
Der größte Teil der Saison ist für die Schausteller schon gelaufen, die Herbstmessen wurden ebenfalls bereits abgesagt. Jetzt hoffen die Karlsruher Schausteller auf die Weihnachts- und Christkindelsmärkte. Ohne diese sei das Überleben nicht mehr möglich. Auch Susanne Filder wird am Donnerstag in Stuttgart demonstrieren: „Derzeit sind wir über 50 Karlsruher Schausteller, die nach Stuttgart fahren. Davon sind es zehn Fahrzeuge und Zugmaschinen und weitere zehn Sprinter.“ Sie erhoffen und erwarten sich endlich Lockerungen für die Branche und dass die Weihnachtsmärkte auf jeden Fall stattfinden können. Die Stadt Karlsruhe hat am Dienstag in der Gemeinderatssitzung bereits beschlossen, dass die Schausteller öffentliche Plätze bespielen dürfen und ihnen dafür sogar die Sondernutzungsgebühren erlassen werden.
Bei dem Protest gegen die strengen Corona-Auflagen erwarten die Schausteller am Donnerstagmittag rund 1.000 Teilnehmer und 600 Fahrzeuge in Stuttgart. Zur Kundgebung hat sich auch Hoffmeister-Kraut angekündigt. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat nach Schätzungen des Schaustellerverbandes im Südwesten etwa jeder fünfte Unternehmer in der Branche aufgegeben. Anfang Juli hatten bereits rund 1.600 Schausteller in Berlin für Erleichterungen bei den Corona-Einschränkungen demonstriert.