Viele verbinden mit Camping anspruchslosen Billigurlaub in einem kleinen, alten und klapprigen Wohnwagen an der Nord- oder Ostsee in Deutschland oder Holland, umgeben von mehr oder weniger spießigen Zeitgenossen, die sich so gut wie nie vom Campingplatz wegbewegen und mehrere Wochen am Stück dort verweilen. Doch dieses Klischee, das man unter anderem auch aus Comedy-Serien kennt, ist bei Weitem nicht das, was Camping ausmacht. Camping de Luxe – gibt es das?
Wenn man darunter versteht, ein möglichst großes und teures Wohnmobil anzumieten, dann hat man vielleicht einigen Campern etwas voraus. Aber Camping und Luxus passen nicht wirklich zusammen, es sei denn, man bezeichnet als Luxus, dass man mit dem Wohnmobil – der Name sagt es schon – mobil von einem zum anderen Ort wechseln kann, um möglichst viel von Natur und Landschaft im Reiseland zu entdecken. Mittendrin sein, eben keine Hotels mit allem Schnick Schnack buchen, sondern das Ursprüngliche erleben, nah dran an unberührter Natur – kann es etwas Spannenderes geben? Wer nicht den ganzen Tag nur am Strand liegen will, sondern die versteckten Schönheiten des Reiseziels entdecken möchte, für den ist Urlaub mit dem Wohnmobil genau das richtige.
Wer glaubt, dass es günstiger ist, mit dem Wohnmobil zu verreisen als in Hotels zu übernachten, der irrt. Zu den ca. 70 bis 150 Euro Mietpreis pro Tag für ein Wohnmobil kommen noch die Kosten für den Campingplatz. Die liegen bei etwa 30 bis 50 Euro pro Tag für zwei Erwachsene mit einem Kind. Die Preise sind in der Hauptsaison meist erheblich teurer. Hinzu kommen noch die Spritkosten, die je nach Entfernung des Reiseziels bzw. der Kilometer, die man vor Ort zurücklegt, höher oder niedriger sein können. In viele Länder kann man gar nicht mit dem Wohnmobil anreisen, das man in Deutschland gemietet hat, sondern muss man nach dem Flug ins Reiseland vor Ort anmieten. Mal abgesehen von der Verpflegung, die bei jedem Urlaub anfällt, kommen da insgesamt schon mal locker um die 200 Euro pro Tag zusammen. Gemessen am Erlebniswert sind die Kosten aber immer noch im Rahmen. Belohnt wird man schließlich mit einer Urlaubsreise, die so viele Facetten bieten kann wie kein Pauschalurlaub. Vorausgesetzt man sucht sich ein Reiseziel aus, das wirklich neue Eindrücke vermittelt.
Kanada
Eine Rundreise durch Kanada vermittelt mehr als nur besondere Eindrücke. Nicht nur die Landschaft ist geradezu ideal, um mit dem Wohnmobil bereist zu werden, auch die Entfernung ist noch im Rahmen. Mit dem Flugzeug ist man in 8 bis 10 Stunden dort. Die Miete für das Wohnmobil ist vor Ort günstiger als in den meisten europäischen Ländern, und die Straßen sind in Kanada auch relativ breit, so dass auch ungeübte Wohnmobilfahrer in der Spur bleiben. Zudem reicht der Führerschein Klasse 3 aus, sofern der Vermieter keinen Nachweis einer anderen Fahrerlaubnis verlangt, was durchaus vorkommen kann. Als Reisedauer sollte man mindestens zwei Wochen veranschlagen, besser sind drei Wochen oder länger. Da Kanada so viel zu bieten hat, dass man zwangsläufig nicht jeden Winkel des Landes bereisen kann, sollte man seine Rundreise vorher gut planen – Freiräume für Spontanität inbegriffen. Die Entscheidung, ob man eher die West- oder die Ostküste bereisen möchte, ist ein weiterer Punkt. In drei Wochen wird man beide Seiten kaum schaffen, es sei denn, man plant vier Wochen oder länger ein. Wer sich für die Westküste entscheidet, erlebt eine Reise mit viel Abwechslung und zahlreichen landschaftlichen Highlights, allerdings ist dort der Tourismus auch insgesamt stärker ausgeprägt. An der Ostküste kann man dafür die interessanteren Städte besuchen, wobei diese mit dem Wohnmobil oft nicht gut zu befahren sind.
Wer an der Westküste campen will, startet am besten in Vancouver. Nicht weit davon ist man auch schon in der freien Natur. Mitnehmen sollte man einen Abstecher nach Vancouver Island, wo man mit einer Fähre hinkommt, und die Rocky Mountains sind von Vancouver aus ebenfalls in ein paar Stunden erreichbar. Eine Rundreise mit Vancouver als Start und Ziel bietet jedenfalls viele Facetten.
Die Ostküste Kanadas ist mehr europäisch geprägt und daher auch für Familien mit Kindern zu empfehlen. Ein guter Start ist Halifax in der atlantischen Provinz Nova Scotia. Eine Fahrt entlang der Eastern Shore sollte man ebenfalls nicht versäumen, hier kann man traumhafte Strände bewundern, und für Cape Breton Island sollte man am besten mehrere Tage reservieren. Prince Edward Island ist die kleinste Provinz Kanadas und an Idylle kaum zu überbieten, und in der Provinz New Brunswick kann man im Fundy National Park die höchsten Gezeiten der Welt erleben.
Chile
Etwas ungewöhnlich und auch nicht gerade billig ist eine Rundreise mit dem Camper durch Chile. Wer extreme landschaftliche Gegensätze liebt, kommt hier voll auf seine Kosten. Der chilenische Teil von Patagonien ist besonders sehenswert. Von Punta Arenas aus lässt sich die Rundreise gut starten, Ziel ist die Hauptstadt Santiago de Chile – oder umgekehrt. Auf der touristischen Straße „Ruta de los Parques“ erreicht man alle Nationalparks des Südens. Sehenswert ist die Hauptstadt der Provinz Última Esperanza, Puerto Natales, Ausgangspunkt des Nationalparks Torres del Paine, das Fischerdorf Puerto Edén, der Gletscher Exploradores, Teil des Nationalparks Laguna San Rafael, das malerische Dorf am Ventisquero-Fjord Puerto Puyuhuapi sowie Puerto Varas mit den Vulkanen Calbuco und Orsono. Die Fährverbindungen durch Patagoniens Inseln sollte man unbedingt im Voraus buchen.
Die Preise für dort zu mietende Camper liegen für 14 Tage je nach Größe und Komfort zwischen 2000 und 5000 Euro. Für den Flug muss man mindestens 500 Euro einkalkulieren, Campingplätze sind in Chile nicht immer verfügbar bzw. nicht so organisiert wie man es erwartet, da Wildcampen in Chile erlaubt und üblich ist.
Irland
Die grüne Insel ist gerade mit dem Wohnmobil eine Reise wert. Das Klima ist mild, was Reisen in der Nebensaison besonders attraktiv macht, die Straßen sind in der Regel gut ausgebaut, wobei die kleinen, landschaftlich interessanten Straßen auch recht schmal sein können. Irlands Straßen sind im Allgemeinen eher etwas für gemütliche Fahrer. Die Distanzen der sehenswerten Destinationen sind nicht allzu weit auseinander, insofern muss man mit dem Camper keine allzu langen Strecken zurücklegen. Einzig und allein der Linksverkehr ist mitunter gewöhnungsbedürftig, aber wenn man einfach den Einheimischen folgt, kann eigentlich nichts schief gehen. Es gibt einige Mautstraßen und Brücken, für die man Gebühren zahlen muss. Ein neuer Trend in der Reisebranche, das Glamping, ist in Irland ebenfalls möglich und bedeutet, dass man anstatt im Zelt oder Wohnmobil in einem originellen oder luxuriösen Ferienhaus übernachten kann. In Irland gibt es z. B. die Möglichkeit, in einer Glaskugel oder einem Baumhaus im Wald zu übernachten. Ansonsten gibt es aber auch zahlreiche Campingplätze in Irland, die zum Verweilen einladen. Wildes Campen ist hier allerdings tabu.
Eine Flugreise auf die grüne Insel ist nicht unbedingt erforderlich, das heißt, das Wohnmobil kann man in Deutschland mieten und mit der Fähre von Nordfrankreich aus übersetzen.
Zu den Highlights von Irland gehören neben einem Städteaufenthalt mit Pub-Besuch in Dublin eine Fahrt an die Südwestküste zum „Whale Watching“, also um dort Wale, Delphine und Robben zu beobachten, ein Abstecher zu den sechseckigen Basaltsäulen „Giant’s Causeway“ an der Küste Nordirlands sowie ein Spaziergang auf dem „One Man’s Path“ auf den Klippen von Slieve League, der teilweise nur 60 cm breit ist und mit einem Ausblick von den bis zu 600 Meter hohen Seeklippen belohnt.
Wer Lust aufs Campen bekomme hat, stellt sich vielleicht die Frage, ob man ein Wohnmobil besser mieten oder gleich kaufen soll. Für ein neues Wohnmobil muss man 50.000 bis 60.000 Euro und mehr einkalkulieren, ältere Gebrauchte bekommt man bereits ab 5000 Euro. Die Frage ist, ob die anvisierten Reiseziele mit einem eigenen Camper überhaupt in einer annehmbaren Zeit erreichbar sind. Wer ab und zu im Inland oder benachbarten Ausland campen will, ist mit dem Kauf eines gut erhaltenen Gebrauchten Campers sicherlich gut bedient. Als Gelegenheitscamper oder bei Reisen in Länder wie Kanada, Australien oder USA hat man wenig von einem eigenen Camper.