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Bruchsal (cmk) Es ist ein wohl eher ungewöhnliches Umfeld, in dem Peter Holzer arbeitet. Er ist schon seit 13 Jahren Pfarrer und Seelsorger in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal und hat in dieser Zeit einiges erlebt. Im Interview mit der neuen welle spricht der Dekan über seinen Alltag zwischen verschlossenen Stahltüren und dem Haus Gottes.
Peter Holzer geht gerne zur Arbeit. Jede Woche hält er Gottesdienste in der gefängniseigenen Kirche, zudem ist er Ansprechpartner für Mitarbeiter und Insassen gleichermaßen. Er macht den Job in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal schon seit dreizehn Jahren. Dabei ist es nicht immer einfach für ihn. Die vielen Schicksale und Geschichten, die er tagtäglich erlebt, muss auch er zum Teil erst einmal verarbeiten. „Die Geschichten sind so vielfältig wie das Leben ist. Über die lange Zeit habe ich da auch schon vieles gehört und vieles erlebt. Es ist oftmals so, dass ich abends durch das Haupttor rausgehe und es bleibt nicht alles hier im Haus. Ich nehme schon das ein oder andere mit, was mich dann im Nachgang beschäftigt. Das ist die Herausforderung – die Balance zu halten, um da auch psychisch stabil zu bleiben“, erzählt der Gefängnis-Pfarrer.
Während die anderen Mitarbeiter der JVA einer Auskunftspflicht unterliegen und sie damit also alles, was sie mitbekommen an offizielle Stellen (wie zum Beispiel die Anstaltsleitung) weiterleiten müssen, unterliegt Peter Holzer als einzige Person der Schweigepflicht. „Der Seelsorger ist der einzige im Haus, der Schweigepflicht hat. Alle anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Haus sind auskunftspflichtig […]. Das Beichtgeheimnis hat seine Berechtigung und hohe Bedeutung auch hier im Vollzug. Also was mit dem Seelsorger gesprochen wird, bleibt beim Seelsorger“, erklärt der Dekan. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ihm die Häftlinge mehr erzählen, als dem Richter. Auch dann gilt die Schweigepflicht von Peter Holzer. „Da fällt mir direkt ein Fall ein. Er (Anm. d. Red.: Der Häftling) hat tatsächlich gesagt: ‚Also ich bin hier mit einer Strafe für ein paar Jahre, für eine Tat die ich so nicht begangen habe. Aber ich habe die Tat zugegeben, weil für andere Dinge – für die ich nicht erwischt worden bin und die mir nicht nachgewiesen werden konnten – habe ich jetzt diese Strafe angenommen.‘ Also zumindest von einem Fall weiß ich das“, so Holzer.
Seine Gesprächspartner sind unter anderem Schwerverbrecher, die für viele Jahre hinter Gittern sitzen. Ob ihm das Angst macht? „Angst hatte ich bisher noch nicht, da bin ich auch sehr froh drum. Das wäre auch schwierig, weil das hemmt mich dann natürlich auch in meiner Arbeit. Ich sage oft ich bin schon in viele Gespräche gegangen mit einem großen Respekt. Weil ich einfach auch nicht wusste, wie ist die Reaktion? Es gibt Menschen hier im Haus, die aufgrund ihrer psychischen Krankheits- und Störungsbilder einfach nicht ganz berechenbar sind. Da gilt es dann auch mal vorsichtig zu sein, zu schauen wie die Stimmung ist, kommen wir da in Kontakt oder nicht. Also Respekt ja, Angst ist mir bisher erspart geblieben“, so der Seelsorger.
Dank diverser Fernsehberichte, Filme und Dokumentationen haben wohl viele ein bestimmtes Bild im Kopf, wenn sie den Begriff JVA oder Gefängnis hören. Themen wie Kriminalität unter Häftlingen, Gangs und inoffizielle Hierarchien sind in solchen Berichterstattungen meist allgegenwärtig. Ob das wirklich so ist? „Teilweise“, sagt der Pfarrer. „Das Fernsehen braucht natürlich die spektakulärere Variante, da wird oft auch vieles zugespitzt oder auch verdichtet. Aber diese Themen gibt es. Es gibt eine Hierarchie unter den Häftlingen, es gibt eine Subkultur, es gibt Drogen im Gefängnis, es ist eine Parallelwelt“, führt er weiter aus.