Stuttgart (dpa/lk) – Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat dem Handel in der Corona-Pandemie Hoffnung auf eine baldige Wiedereröffnung gemacht. „Sollten wir stabil die 35 erreichen, das heißt, sollten wir diese Inzidenz im Land über mehrere Tage – zwischen drei und fünf Tagen am Stück – unterschreiten, dann werde ich weitere Öffnungsschritte veranlassen“, sagte Kretschmann am Donnerstag mit Blick auf die Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche. Aktuell liegt das Land bei einer Inzidenz von 41,6.
Als erstes solle der Einzelhandel bei Öffnungen berücksichtigt werden – dann aber nur mit einem „klaren Hygienekonzept“ und der „Begrenzung von 20 Quadratmeter pro Kundin oder Kunden“, so der Regierungschef. Ein solches Vorgehen wäre laut Kretschmann von den jüngsten Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz gedeckt. Dort hatten die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin vereinbart, dass die Länder schrittweise lockern können, sollte die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz bis zum 7. März stabil unter 35 gesunken sein.
Aus Modellrechnungen ergibt sich laut Kretschmann, dass Baden-Württemberg als erstes Bundesland den Wert von 35 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche erreichen könnte. „Möglicherweise schon gegen Ende der nächsten Woche“, sagte der Grünen-Politiker. Sollten die Zahlen aber wieder steigen, werde er sofort reagieren, stellte Kretschmann klar.
Nach Überzeugung des Bühnenvereins sollten spätestens Ende März auch Theater und Museen wieder geöffnet werden. „Es wäre gut, wenn man genau wie im vergangenen Frühjahr, als es eine Spirale der Verschärfungen gab, nun stufenweise auch wieder Lockerungen für die Kultur vorstellen würde“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes, der Freiburger Bürgermeister Ulrich von Kirchbach. Die Lage für die Bühnen und Museen spitze sich zu und der dringende Bedarf sei da: „Das Digitale hat sich allmählich abgenutzt. Die Leute haben Hunger nach der Kultur, sie lechzen förmlich danach“, sagte von Kirchbach.
Die Politik müsse angesichts der sinkenden Zahl der Neuinfektionen eine Perspektive aufzeigen. Allerdings hätte die Kulturszene ein Gedankenspiel zum Öffnungsszenario bereits früher benötigt, kritisierte er: „Was Frau Eisenmann bei den Kitas vielleicht zu schnell gewollt hat, das kommt bei der Kultur womöglich etwas spät“, sagte er. Es gebe in den Theatern, Museen und auch in den Bibliotheken strenge Hygienekonzepte, Ansteckungen seien nicht bekannt geworden. „Da könnte man es auch mutiger angehen, ohne übermütig zu werden“, sagte von Kirchbach. „Die allermeisten werden verantwortungsvoll mit der Situation umgehen.“
In der vergangenen Woche hatte Kunstministerin Theresia Bauer die Theater und Museen trotz eines vorliegenden Ausstiegsszenarios um Geduld gebeten. „Wir reden nicht über Zeitpunkte“, hatte die Grünen-Ministerin gesagt. Es sei zunächst wichtig, die Inzidenz landesweit zu reduzieren. Danach würden Prioritäten gesetzt. In einem gemeinsamen Papier hatten die Bundesländer zuvor einen drei Stufen umfassenden Plan „Kultur wieder ermöglichen“ entworfen. In dem Papier skizzieren die Kulturministerinnen und -minister den Weg für die Kulturszene aus dem Corona-Lockdown, um „der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit gerecht zu werden“.
Demnach sollen mit der Wiedereröffnung von Schulen und Kitas zunächst außerschulische Bildungsangebote der Kultureinrichtungen und der Musik- und Kunstschulen zugelassen werden. Spätestens mit der Eröffnung des Einzelhandels könnten dann Museen, Galerien, Gedenkstätten, Bibliotheken und vergleichbare Einrichtungen einen „Basisbetrieb“ anbieten, heißt es in dem Ausstiegsszenario weiter. In einer dritten Stufe – gekoppelt an die Öffnung der Gastronomie – sollten Veranstaltungen in Theatern, Opernhäusern und Konzerthäusern, Kinos und ähnlichen Veranstaltungsräumen möglich gemacht werden.