Karlsruhe (mt) – Momentan haben wir einen langsamen Trend zur Entspannung an der Corona-Front. Die Belastung für das Personal in den Kliniken ist aber nach wie vor hoch. Den Zustand umschreibt der Chef des Städtischen Klinikums Karlsruhe, Michael Geißler, als einen „Sprint auf Marathondistanz“. Deswegen warnt er vor falschen und zu frühen Lockerungsmaßnahmen.
„Wenn wir jetzt einfach lockern würden, garantieren ich Ihnen, dass wir in zwei Monaten die gleiche Situation haben werden wie in Portugal und dass hier in den Kliniken wieder die Hütte brennt“, sagte Geißler am Freitag in Karlsruhe. Ziel sollte es stattdessen sein, mit den Maßnahmen unter einen Inzidenzwert von zehn zu kommen: „Es ist ganz wichtig, dass wir die nächsten vier bis zwölf Wochen, je nach R-Wert, weiter den Gürtel eng schnallen und die Maßnahmen aufrecht erhalten. Weil dann auch die Impfung weiter fortgeschritten ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich das Virus nicht mehr exponentiell verbreiten wird,“ so der Klinikums Chef. Entscheidend sei dabei der R-Wert. Wenn dieser auf dem aktuellen Stand bliebe, könne sich dieser Zustand noch bis Ende April ziehen. Wenn allerdings durch die Maßnahmen der Wert weiter auf 0,7 sinken würde, würde es hingegen nur vier Wochen dauern, erläutert der Mediziner.
Auch beim Impfen sieht es wegen des Impfstoffmangels aktuell nicht gut aus: „Wir werden im ersten Quartal bis März nicht die Impfstoffmenge bekommen, die wir eigentlich bräuchten. Wir werden danach, so sieht es aktuell aus, eine hohe Anzahl an Impfdosen haben. Wir müssen dann versuchen, das aufzuholen, was im ersten Quartal nicht ging. Das werden wir nicht zu 100 Prozent schaffen. Vielleicht können wir einen Teil aufholen, wenn die Impfzentren extrem effizient arbeiten. Zumindest hier in Karlsruhe sind unsere Impfzentren so aufgestellt, dass wir im Hochdurchsatzverfahren ab März/April die Impfdosen, die wir dann auch hoffentlich bekommen, durchimpfen können.“
Überraschende Nachrichten kommen hingegen in Bezug auf den russischen Impfstoff Sputnik V. Das internationale Fachblatt „The Lancet“ hat dem Impfstoff eine hohe Wirksamkeit bescheinigt. „Das heißt, die Daten von Sputnik V sind von unabhängigen Peer-Review-Verfahren und Gutachtern bewertet worden. Wenn die Zulassungsbehörden, die EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) und auch das Paul-Ehrlich-Institut die Daten genauso bewerten, dann müssen wir den einsetzen. Die Russen haben hervorragende Wissenschaftler, warum sollen die nicht einen genauso guten Impfstoff herstellen können wie die Deutschen“, erklärt Geißler im Gespräch mit der neuen welle.
Undenkbar ist für den Arzt hingegen die stark debattierte Impf-Happy-Hour in den Karlsruher Impfzentren: „Wir halten uns ganz streng an die Regeln, an das Gesetz. Eine Happy Hour haben manche schon versucht vorzuschlagen, das gibt es bei uns nicht. Ich verstehe das. Die Impfdosen sind übrig. Aber die Impfdosen werden so geplant, dass der Verwurf möglichst gering ist. Was man machen kann, dass man die übrig gebliebenen Impfdosen an diejenigen verimpft, die dort arbeiten. Da kann man sagen, die haben dauernd Kontakt mit potenziell infektiösen Menschen und das ist insofern schon eine Kategorie Eins Light. Das könnte man aus meiner Sicht im Einzelfall machen. In Karlsruhe passiert das nicht. Das weiß ich.“