Ist das Großbordell in der Karlsruher Ottostraße noch zu verhindern?

29. März 2023 , 04:00 Uhr

Karlsruhe (lea) – Die Bauvoranfrage wurde schon gestellt und bereits mit „ja“ beantwortet. Jetzt steht dem Projekt, ein Großbordell in der Karlsruher Ottostraße zu errichten, eigentlich nichts mehr im Weg. Nur ein passender Käufer für die betreffende Immobilie muss noch ausgewählt werden. Und dann gibt es noch die Bürgerinitiative, die ein Bordell in Durlach nicht hinnehmen möchte. Ihr Ansinnen gestaltet sich jedoch schwierig. Denn ein Großbordell in der Ottostraße ist rechtlich in Ordnung. Oder wird aus dem Gebäude doch ein Hotel? So ganz klar ist das nicht. Auch der Besitzer scheint noch unentschlossen.

Aufschrei und Entsetzen sind groß

Hotel? Bürogebäude? Oder doch das Bordell? Um diese Frage geht es derzeit in der Karlsruher Ottostraße. Denn Haus Nummer vier steht gerade leer und sollte eigentlich mal ein Hotel werden. Von diesen Plänen ist Besitzer Kerem Bayrak aber abgerückt. Die Bank mache nicht mit, erklärt er. Zu viel Risiko, zu hohe Zinsen. Jetzt steht seit Februar der Umbau des Gebäudes in ein Großbordell im Raum. Der Durlacher Ortschaftsrat zeigt sich angesichts der Planungsänderungen entsetzt. Auch die Bürger und Gewerbebesitzer in der Umgebung sind wenig begeistert.

Und so hat sich am 7. Februar die Bürgerinitiative „Durlach gegen Prostitution“ gebildet. Unter ihrem Dach wollen Bürger, Fraktionsvertreter und Anwohner das Projekt verhindern. Ihr Ansinnen gestaltet sich jedoch schwierig. Denn ein Großbordell in der Ottostraße ist rechtlich in Ordnung.

Der Stadt sind die Hände gebunden

Baubürgermeister Daniel Fluhrer erklärt: „Für uns stellt sich die Frage, ob das Großbordell genehmigungsfähig ist. Und das Planungsrecht sagt in diesem Fall ganz klar: Ja, das Bordell ist an dieser Stelle zulässig.“ Der Besitzer der Ottostraße vier hat vor Kurzem die Bauvoranfrage für das Bordell gestellt. „Damit stellt man die grundsätzliche Frage, ob das Projekt an dieser Stelle umgesetzt werden darf. Das müssen wir auch mit ‚ja‘ beantworten“, so Fluhrer weiter.

2012 hat das höchste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs entschieden, dass ein Bordell ein Gewerbebetrieb und keine Vergnügungsstätte ist. „Das hat in dem Fall den Hintergrund, dass wir das als Stadt dann genehmigen müssen, wenn es passt“, räumt der Baubürgermeister ein.

Kurzum: Der Stadt sind die Hände gebunden. „Wir müssen uns an das Planungsrecht halten. Da können wir wenig danach entscheiden, was uns gefällt“, so Fluhrer. Er klingt zerknirscht. Trotzdem teile er die Meinung der Bürgerinitiative, die das Projekt verhindern möchte: „Das, was die Initiative macht, ist respektierlich und hat auch meine Unterstützung ideeller Art.“

Bürgerinitiative geht auf die Barrikaden

Zuwendung ideeller Art reicht der Bürgerinitiative „Durlach gegen Prostitution“ aber nicht. „Wir sind schon jetzt betroffen durch den Straßenstrich, der sich da räumlich und zeitlich immer weiter ausdehnt“, beklagt Ulrike Schulte. Die Sprecherin der Initiative führt aus: „Wenn da jetzt noch ein Großbordell hinkommt mit rund 50 Zimmern. Dann geht da noch viel mehr ab.“  Zudem würden sich bereits jetzt Firmen beschweren, dass ihre Mitarbeiterinnen nach einer Abendschicht des Öfteren von Freiern angesprochen würden. „Das ist unerträglich!“, äußert Schulte empört.

Auf die Frage, ob ein Großbordell das Problem des Straßenstrichs nicht lösen könnte, muss Schulte kurz überlegen. „Nein“, antwortet sie dann. „Erfahrungen zeigen, dass dieses Bordell nicht statt des Straßenstrichs kommt, sondern zusätzlich.“ Die Initiative sorgt sich außerdem um die mit dem Bordell vermeintlich verbundene Kriminalität. „Man weiß, dass hinter dem legalen Aushängeschild ganz viel Illegales passiert“, betont die Sprecherin.

Außerdem geht es ums Prinzip: „Wir sind grundsätzlich gegen Prostitution. Die damit verbundene Gewalt an Frauen und den Verkauf der Frauen als Ware, das geht nicht.“ Wichtig ist Schulte zu betonen, dass nicht die Prostituierten, sondern die Freier kriminalisiert werden sollten. „Es wird Zeit, dass wir davon wegkommen, dass Prostitution als etwas Normales angesehen wird. Das fördert ein vollkommen veraltetes Frauenbild.“

Immobilienbesitzer kann Kritik nicht nachvollziehen

Für die Sorgen und Ansichten der Bürgerinitiative hat Kerem Bayrak, der Besitzer des Gebäudes, kein Verständnis. „Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt“, sagt er schon fast entschuldigend. Derzeit gebe es mehrere Interessenten an der Immobilie. Darunter mehrere potenzielle Käufer, die ein Bordell errichten möchten. „Mit einem Mann aus Amsterdam hatte ich bereits Kontakt, der schon festere Pläne hat“, so Bayrak. „Mehrere Leute verfolgen das Ganze gerade mit und finden die Bürgerinitiative lustig“, lacht der Besitzer. Das sei natürlich nur die Meinung der anderen, „aber die sagen alle, dass die Initiative sich zum Affen macht.“ Ironischerweise sei das Interesse an der Immobilie durch die Arbeit der Bürgerinitiative gewachsen.

Ein kluger Schachzug? Möglich. Denn eigentlich möchte Bayrak immer noch ein Hotel oder ein Bürogebäude in der Ottostraße etablieren. Der Druck, den er durch ein mögliches Bordell erzeugt, spielt ihm in die Karten. „Der Gebäude kann an denjenigen verkauft werden, der das passende Angebot mitbringt.“ Und so hat auch die Stadt Karlsruhe ein Angebot erhalten. „Aber zu diesem überhöhten Preis werden wir wahrscheinlich nicht kaufen“, so Bürgermeister Fluhrer.

Aufgeben kommt nicht infrage

Die Bürgerinitiative möchte weitermachen. „Es ist uns erst durch dieses Projekt klargeworden, was für ein großes Problem der Straßenstrich wirklich ist“, erklärt Schulte. Man wolle den Sperrbezirk ausweiten. Denn in Durlach ist Prostitution noch überall erlaubt. „Und wir möchten möglichen Investoren zeigen: Hier ist keine gute Gegend, um ein Bordell zu eröffnen. Hier gibt es zu viel Gegenwind.“

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