Im Jugendzimmer von Sportfotograf Markus Gilliar hing ein Poster vom KSC

19. Juli 2020 , 12:41 Uhr

Karlsruhe (lk) – Normalerweise zieht Markus Gilliar im Hintergrund die Fäden. Er ist einer der bekanntesten, erfolgreichsten und besten Sportfotografen der Welt und kommt bei uns aus der Region. Seine Fotos und Werke haben die Sportwelt erobert und er hat schon dreimal das Sportfoto des Jahres geschossen. Eigentlich wäre Markus Gilliar jetzt gerade von der Fußball-Europameisterschaft zurück und könnte sich entspannt zurück lehnen. Doch wegen Corona ist in diesem Jahr nichts, so wie es normalerweise wäre. Markus Gilliar macht trotzdem das beste aus dem komischen Sport-Jahr – wie, das hat er zu Gast bei der Martin Wacker Show bei der neuen welle erklärt.

Fußball-Europameisterschaft und Geisterspiele

2020 hätte eigentlich die Fußball-Europameisterschaft steigen sollen – ganz vorne mit dabei wäre auch Sportfotograf Markus Gilliar gewesen. Für ihn sind die geraden Jahre auch immer die lukrativeren Jahre. „Es ist gerade schon schwer, man bereitet sich auf solche Events ja auch immer ausgiebig vor. Normalerweise wäre ich jetzt kurz vor oder schon im Urlaub, um mich davon zu erhohlen, aber das fällt leider alles flach. Aber ich nehme es, wie es eben kommt“, so Gilliar. Bei den großen Turnieren ist Gilliar auch immer sehr nah dran an der Deutschen Nationalmannschaft. Doch in diesem Jahr fehlen ihm die großen emotionalen Momente mit dem Team und den Fans: „Dabei zu sein bei der Nationalmannschaft oder auch dem KSC ist schon eine tolle Sache, aber es fehlt. Ich habe jetzt acht Geisterspiele fotografiert, aber es ist kein Vergleich“, sagt Gilliar. Zum ersten Mal kann er bei den Geisterspielen im Fußballstadion das eigenen Klicken der Kamera hören, den Trainer, Schiedsrichter oder Linienrichter verstehen.

1979 als Junge ins Stadion geschlichen

Seit 35 Jahren ist Markus Gilliar als Sportfotograf selbstständig. Gilliar ist eingefleischter Fußball-Fan – schon in seinem Jugendzimmer hing ein Poster vom Karlsruher SC. Und auch die Anfänge des Fotografierens waren bereits in Gilliars Jugendzeit, damals saß er mit seiner Kamera im Wildpark hinter dem Tor. „Ich hab mich da mehr oder weniger rein geschlichen, dann kam nach 20 Minuten ein Ordner und hat mich und meinen Kumpel gleich wieder raus geschickt. Danach haben wir bei Amateurspielen fotografiert und für die Bilder der Spieler und des Trainers haben wir eine Jahreskarte für den KSC bekommen. Aber die alten Hasen haben schon sehr argwöhnisch auf uns zwei junge Kerle reagiert. Es hat nicht lange gedauert, dann hat der Berufsverband Einspruch eingelegt“, lacht Gilliar. Nachdem er aber für einen Kollegen in Düsseldorf fotografieren durfte, war schließlich alles offiziell.

Zwiespalt zwischen Jubel und Auslöser

Der Auslöser für seine Leidenschaft Sportfotos zu schießen kam ganz klar durch den KSC. „Ich hatte zwei Hobbies damals – einmal Fußball und der KSC, zum anderen die Leidenschaft fürs Fotografieren. Und das hab ich kombiniert. Dass das funktioniert hat, macht mich immer noch happy.“ Inzwischen steht Gilliar beim Ausüben seines Berufs hinterm Tor. Doch in seiner Jugend stand der KSC-Fan immer auch im Fanblock. Bei einem Tor nicht zu jubeln, sondern auf den Auslöser zu drücken, ist für Gilliar heute noch schwer: „Ganz schwierig ist es bei Entscheidungsspielen, wo es wirklich um was geht. Da lebe ich als Fotograf und Fan immer im Zwiespalt. Ich versuche dann innerlich zu jubeln und es erst später rauszulassen. Aber erstmal die Bilder im Kasten zu haben.“

Aus Karlsruhe in die große Welt

Inzwischen ist Markus Gilliar Sportfotografen-Sprecher und hat dreimal auch das Sportfoto des Jahres geschossen. Das allererste Foto des Jahres hat er 1993 geschossen und es war natürlich auch ein Fußball-Foto: „Ich glaube es war ein Spieler des KSC – Oliver Westerbeek hieß der soweit ich weiß – der beim Schuss den Schuh verloren hat. Das war noch eine Schwarz-Weiß-Fotografie. Dann hab ich 2010 von Thomas Müller ein Foto von der Fußball-WM in Südafrika geschossen, das war Sportfoto des Jahres. Und dann noch von den Olympischen Spielen vor vier Jahren beim Fußball-Frauen-Finale.“ Aber Markus Gilliar fotografiert auch andere Sportarten, wie Leichtathletik. „1988 bei den Olympischen spielen in Seoul hab ich eine Startsequenz von Ben Johnson abgelichtet. Da sah man ganz stark seine Muskeln am Oberarm. Später wurde er dann des Dopings überführt“, erinnert sich Gilliar.

Schabernack mit Lukas Podolski

Neben dem KSC ist Markus Gilliar aber auch der Fotograf der deutschen Fußball Nationalmannschaft. 2014 durfte er im legendären Weltmeister-Flieger dabei sein und dort auch fotografieren. „Viel spannender war aber später die Fahrt durch Berlin auf dem Truck. Da war ich der einzige Medienfotograf und das war ein Lebenshighlight“, so Gilliar. Je näher er auch an den Sportlern und Stars dran ist, desto mehr falle auch die Hülle des großen Buisness und desto menschlicher werde es dort auch. „Das sind alles ganz normale Menschen. Der Umgang ist völlig problemlos.“ Am Liebsten habe er immer Lukas Podolski fotografiert: „Das hat immer sehr viel Spaß gemacht und es war eine tolle menschliche Beziehung. Das war echt super. Er hat auch immer Schabernack gemacht und beispielsweise bei Mannschaftsfotos, die ja tagelang vorbereitet werden, die Namen vertauscht“, lacht Gilliar.

Wandel von analoger zu digitaler Fotografie

Im Lauf der Jahre hat Gilliar auch die ein oder andere technische Hürde genommen. „Anfangs hatten wir beispielsweise noch einen Film zum Einlegen in die Kamera mit 36 Bildern drauf. Wir haben ihn sogar selbst entwickelt. Ein riesen Aufwand teilweise, weil die Filme in der Halbzeit eingesammelt, entwickelt und in die Redaktionen gebracht werden mussten. Teilweise ging das mit dem Auto, teilweise aber sogar auch per Luftfracht. Das hat sich inzwischen völlig gewandelt. Heute versenden wir direkt aus der Kamera und die Bilder sind wenige Minuten später beim Kunden.“ Für Gilliar gibt es auch bei der digitalen Fotografie den künstlerischen Aspekt: „Das ist so ein bisschen eine Glaubensfrage – digital oder analog. Aber man kann meiner Meinung nach auch heute mit der digitalen Technik einwandfrei künstlerisch fotografieren.“ Schwarz-Weiß setzt Gilliar manchmal als stilistisches Mittel ein.

Traum vom Pott in Karlsruher Hand

Markus Gilliar war bei vielen denkwürdigen Spielen mit dabei. Er hat schon große Finalspiele der Nationalmannschaft fotografiert, war beim 7 :0 des KSC gegen Valencia dabei, hat das Drama um den Klassenerhalt des KSC in dieser Saison miterlebt. Aber trotzdem hat er noch einen großen Wunsch auf seiner Liste stehen. „Natürlich hat das auch wieder mit dem KSC zu tun. Aber ich wünsche mit noch ein geiles Finale mit Karlsruher Beteiligung vor der Kamera. Vielleicht DFB-Pokal-Finale, Deutsche Meisterschaft oder später vielleicht auch mal Europa-Pokal-Finale. Also ein Foto, auf dem der KSC den Pott in der Hand hat. Träumen ist ja erlaubt“, lacht Markus Gilliar. Sportlich ist Gilliar aber selbst nur in der Theorie. Oft fehle ihm die Zeit um Joggen zu gehen. Aber er genieße auch gerne lange Spaziergänge mit seiner Frau und der englischen Bulldoggen-Hündin.

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