Karlsruhe (dpa/lk) – Stellen Sie sich mal vor: Sie hegen und pflegen ihren Garten, doch der Rasen bekommt immer schneller braune Flecken. Täglich müssen Sie Gießen, doch womit? Das Grundwasser wird langsam knapp. Irgendwann kommen keine Tiere mehr in ihren Garten, weil sie langsam von der Bildfläche verschwinden. Das klingt für Sie nach einer düsteren Zukunft? Leider ist der Klimawandel präsenter, als es uns lieb ist. Bereits jetzt macht er Baden-Württemberg zu anderem Land. Und es wird noch schlimmer.
Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller hat vehement vor den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten gewarnt. „Die Folgen sind immer mehr zu spüren, auch bei uns im Land“, sagte der Grünen-Politiker. „Immer häufigere Hitzewellen, Dürreschäden oder vermehrtes Auftreten von Schädlingen sind Zeichen, dass der Klimawandel Realität ist.“ Folgen habe der Klimawandel vor allem für Bauern und Naturschutz, den Wasserhaushalt und Tourismus, die Gesundheit, Stadt- und Raumplanung sowie die Wirtschaft. „Besonders die Landwirtschaft, die Wald- und Forstwirtschaft sowie Wasser und Biodiversität sind bereits stark betroffen“, sagte Untersteller. „Während die Temperaturen von Seen und das Waldbrandrisiko von Jahr zu Jahr steigen, sinken die Bodenwasservorräte unter landwirtschaftlichen Böden.“
Seit den 1990er-Jahren verlaufe die Entwicklung zunehmend rasant, sagte der Minister bei der Vorstellung des „Monitoringberichts 2020 zur Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ am Mittwoch in Stuttgart. Seit 2000 zählten bereits 16 Jahre zu den 20 wärmsten in Baden-Württemberg. Zuletzt wurde 2018 mit 10,4 Grad ein Höchstwert der Jahresmitteltemperatur für Baden-Württemberg erreicht. Fast in jedem Jahr seien die Temperaturrekorde in Folge gebrochen worden. Für den Zeitraum bis 2050 zeigten die aktuellen Auswertungen der regionalen Klimamodelle durch die Landesanstalt für Umwelt einen weiteren Temperaturanstieg. „Ab Mitte des Jahrhunderts kann die Dynamik der Klimaveränderung noch zunehmen“, heißt es im Bericht weiter.
Besonders gravierend könnte sich die enorme Temperaturzunahme dem Bericht zufolge in den Hochlagen auswirken. „In den Höhenlagen des Schwarzwalds könnten dann Temperaturen herrschen wie sie heute im Oberrheingraben gemessen werden“, warnte Untersteller. Schaue man dieser Entwicklung tatenlos zu, werde Baden-Württemberg in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts „ein anderes Land sein, in dem die Lebensqualität spürbar nachgelassen hat“. Die gesamte Flora und Fauna könnte sich im Schwarzwald verändern. Einige Lebewesen könnten einfach von der Bildfläche verschwinden.
Und auch im Oberrheingraben zwischen Offenburg, Bühl, Karlsruhe, Heidelberg und Mannheim könnten die Temperaturen noch weiter nach oben schnellen. Die durchschnittliche Anzahl der Sommertage mit Temperaturen über 25 Grad könnte nach Computermodellen im Rheingraben und Rhein-Neckar-Raum im extremsten Fall von derzeit etwa 70 auf mehr als 100 Tage ansteigen. Im Rheingraben in Karlsruhe könnte sich die Zahl der heißen Tage pro Jahr von durchschnittlich etwa 16 Tagen (1971–2000) auf rund 35 (2021– 2050) und schließlich sogar mehr als 50 Tage (2071–2100) erhöhen.