Region (dpa/pm/lk) – Die Pandemie ist für die Kliniken in der Region mit hohen Kosten verbunden. Viele rechnen laut Krankenhausgesellschaft mit roten Zahlen in diesem Jahr. Die Häuser richten deshalb einen klaren Appell an die Politik.
Ein Großteil der Kliniken in Baden-Württemberg sieht sich aufgrund der Belastungen durch die Corona-Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten. Etwa 65 Prozent der Häuser rechnen mit Verlusten in diesem Jahr, wie die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft zu einer Befragung der Kliniken am Freitag in Stuttgart mitteilte. Eine solch hohe Defizitquote gab es bei der Umfrage der BWKG den Angaben zufolge noch nie.
Das Pandemiejahr 2021 drohe für die Krankenhäuser zum finanziellen Desaster zu werden, teilte der BWKG-Vorsitzende Heiner Scheffold mit. Die Politik müsse hier umgehend tätig werden. Als Gründe nannte die Krankenhausgesellschaft überdurchschnittlich hohe Kosten für die Behandlung von Covid-Patienten und wegbrechende Erlöse etwa durch einen Rückgang der Patientenzahlen in den Ambulanzen und fehlende Einnahmen durch Parkhäuser und Cafeterien.
Die Kliniken sehen deshalb die Bundesregierung in der Pflicht, ihr Versprechen zu halten, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Krankenhäuser auszugleichen. Die neue Bundesregierung müsse umgehend handeln und den finanziellen Rahmen der Krankenhäuser schnell und nachhaltig absichern, forderte Scheffold. Auch die Landesregierung sieht die BWKG am Zug, die Kliniken wie im Jahr 2020 finanziell zu unterstützen. Kritik äußerte die Gesellschaft in diesem Zusammenhang an der jüngst erfolgten Vorgabe des Landes zur Bereithaltung von mindestens 40 Prozent der Intensivkapazitäten für Covid-Patienten. Wer die Freihaltung von Betten anordne, müsse dies auch finanzieren, sagte Scheffold.
Ein weiteres Problem der Kliniken ist der große Fachkräftemangel. Rund 93 Prozent aller Häuser im Südwesten haben demnach Schwierigkeiten, offene Stellen in der Pflege zu besetzen. Noch nie seit dem Beginn der Befragungen der Kliniken im Jahr 2010 haben diese demnach von so großen Problemen bei der Besetzung von Stellen in der Pflege berichtet. Der Geschäftsführer der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim, Jörg Martin, begründete dies am Freitag auch mit der außergewöhnlichen Lage auf den Intensivstationen. Liege die Sterblichkeit im Intensivbereich in normalen Zeiten bei etwa 20 Prozent, so seien es aktuell 40 bis 60 Prozent. „Das halten viele einfach nicht aus“, sagte Martin.
„Der medizinische und pflegerische Aufwand für die Versorgung eines intensivpflichtigen, beatmeten Corona-Patienten ist mindestens doppelt so hoch wie bei anderen intensivpflichtigen Patient“, betont Jörg Schwarzer, Geschäftsführer am SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach. „Nach mittlerweile fast zwei Jahren Corona-Pandemie ist das Personal frustriert und ausgebrannt und nicht wenige schmeißen ihren Beruf in der Pflege hin“, sagt Caroline Schubert, Vorstandsmitglied der ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe. Die Prognose weiter dramatisch steigender Infektionszahlen gefährdet den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser. Über alle Kliniken hinweg liegt der Anteil ungeimpfter Personen auf den Intensivstationen bei deutlich über 80 Prozent. Deshalb appellieren die Klinikverantwortlichen eindringlich an alle noch nicht geimpften Personen, sich zeitnah impfen zu lassen. „Jeder zusätzliche ungeimpfte Corona-Intensivpatient führt zu einer weiteren Verknappung der Versorgungskapazitäten für schwer erkrankte nicht-COVID-Patienten“, sagt Michael Geißler, Medizinischer Geschäftsführer am Städtischen Klinikum Karlsruhe.
Neben der Versorgung der an Corona erkrankten Patienten müssen die Kliniken weiterhin die Versorgung von Notfällen sicherstellen. Verunfallte Patienten mit einem Herzinfarkt oder Schlaganfall benötigen dringende und sofortige medizinische Behandlung. Bedingt durch die personelle Situation in den Kliniken und den daraus resultierenden Bettenschließungen kam es in den letzten Wochen immer wieder zu Versorgungsengpässen in der Notfallversorgung. „Wenn sich die Situation in den Kliniken weiter aufgrund der zunehmenden Corona-Fälle zuspitzt, sehen wir diese Notfallversorgung als gefährdet an“, erklärt Susanne Stalder, Regionaldirektorin der RKH Fürst-Stirum-Klink Bruchsal und der Rechbergklinik Bretten.