Großteil der Kliniken rechnet mit Verlusten durch Pandemie

26. November 2021 , 13:26 Uhr

Region (dpa/pm/lk) – Die Pandemie ist für die Kliniken in der Region mit hohen Kosten verbunden. Viele rechnen laut Krankenhausgesellschaft mit roten Zahlen in diesem Jahr. Die Häuser richten deshalb einen klaren Appell an die Politik.

Dramatischen Erlöseinbußen

Ein Großteil der Kliniken in Baden-Württemberg sieht sich aufgrund der Belastungen durch die Corona-Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten. Etwa 65 Prozent der Häuser rechnen mit Verlusten in diesem Jahr, wie die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft zu einer Befragung der Kliniken am Freitag in Stuttgart mitteilte. Eine solch hohe Defizitquote gab es bei der Umfrage der BWKG den Angaben zufolge noch nie.

Finanzielles Desaster

Das Pandemiejahr 2021 drohe für die Krankenhäuser zum finanziellen Desaster zu werden, teilte der BWKG-Vorsitzende Heiner Scheffold mit. Die Politik müsse hier umgehend tätig werden. Als Gründe nannte die Krankenhausgesellschaft überdurchschnittlich hohe Kosten für die Behandlung von Covid-Patienten und wegbrechende Erlöse etwa durch einen Rückgang der Patientenzahlen in den Ambulanzen und fehlende Einnahmen durch Parkhäuser und Cafeterien.

Politik in der Pflicht

Die Kliniken sehen deshalb die Bundesregierung in der Pflicht, ihr Versprechen zu halten, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Krankenhäuser auszugleichen. Die neue Bundesregierung müsse umgehend handeln und den finanziellen Rahmen der Krankenhäuser schnell und nachhaltig absichern, forderte Scheffold. Auch die Landesregierung sieht die BWKG am Zug, die Kliniken wie im Jahr 2020 finanziell zu unterstützen. Kritik äußerte die Gesellschaft in diesem Zusammenhang an der jüngst erfolgten Vorgabe des Landes zur Bereithaltung von mindestens 40 Prozent der Intensivkapazitäten für Covid-Patienten. Wer die Freihaltung von Betten anordne, müsse dies auch finanzieren, sagte Scheffold.

Personalsituation kritisch

Ein weiteres Problem der Kliniken ist der große Fachkräftemangel. Rund 93 Prozent aller Häuser im Südwesten haben demnach Schwierigkeiten, offene Stellen in der Pflege zu besetzen. Noch nie seit dem Beginn der Befragungen der Kliniken im Jahr 2010 haben diese demnach von so großen Problemen bei der Besetzung von Stellen in der Pflege berichtet. Der Geschäftsführer der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim, Jörg Martin, begründete dies am Freitag auch mit der außergewöhnlichen Lage auf den Intensivstationen. Liege die Sterblichkeit im Intensivbereich in normalen Zeiten bei etwa 20 Prozent, so seien es aktuell 40 bis 60 Prozent. „Das halten viele einfach nicht aus“, sagte Martin.

Notbremse durch Impfung

„Der medizinische und pflegerische Aufwand für die Versorgung eines intensivpflichtigen, beatmeten Corona-Patienten ist mindestens doppelt so hoch wie bei anderen intensivpflichtigen Patient“, betont Jörg Schwarzer, Geschäftsführer am SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach. „Nach mittlerweile fast zwei Jahren Corona-Pandemie ist das Personal frustriert und ausgebrannt und nicht wenige schmeißen ihren Beruf in der Pflege hin“, sagt Caroline Schubert, Vorstandsmitglied der ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe. Die Prognose weiter dramatisch steigender Infektionszahlen gefährdet den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser. Über alle Kliniken hinweg liegt der Anteil ungeimpfter Personen auf den Intensivstationen bei deutlich über 80 Prozent. Deshalb appellieren die Klinikverantwortlichen eindringlich an alle noch nicht geimpften Personen, sich zeitnah impfen zu lassen. „Jeder zusätzliche ungeimpfte Corona-Intensivpatient führt zu einer weiteren Verknappung der Versorgungskapazitäten für schwer erkrankte nicht-COVID-Patienten“, sagt Michael Geißler, Medizinischer Geschäftsführer am Städtischen Klinikum Karlsruhe.

Notfallversorgung sicherstellen

Neben der Versorgung der an Corona erkrankten Patienten müssen die Kliniken weiterhin die Versorgung von Notfällen sicherstellen. Verunfallte Patienten mit einem Herzinfarkt oder Schlaganfall benötigen dringende und sofortige medizinische Behandlung. Bedingt durch die personelle Situation in den Kliniken und den daraus resultierenden Bettenschließungen kam es in den letzten Wochen immer wieder zu Versorgungsengpässen in der Notfallversorgung.  „Wenn sich die Situation in den Kliniken weiter aufgrund der zunehmenden Corona-Fälle zuspitzt, sehen wir diese Notfallversorgung als gefährdet an“, erklärt Susanne Stalder, Regionaldirektorin der RKH Fürst-Stirum-Klink Bruchsal und der Rechbergklinik Bretten.

Anzeige

Das könnte Dich auch interessieren

07.03.2024 Großer Handelsstreik am Weltfrauentag in und um Karlsruhe Karlsruhe (pm/dk) – Der Frauentag wird in diesem Jahr zum Streiktag. Die Gewerkschaft ver.di bestreikt am Freitag mehr als 30 Handelsbetriebe aus Karlsruhe und Umgebung. Streik am Frauentag Der Internationale Frauentag steht in diesem Jahr tarifpolitisch im Zeichen der Tarifauseinandersetzung im Handel. Zum ganztägigen Streik sind Beschäftigte an mehr als 30 Standorten aus Karlsruhe und 07.03.2024 Messerstecherei in Bruchsal - Täter festgenommen Bruchsal/Bretten (pol/dk) – Nach dem Großeinsatz am Montagabend am Bruchsaler Bahnhof wurde der Tatverdächtige jetzt festgenommen. Es hat eine Messerstecherei gegeben und ein Mann wurde schwer verletzt. Täter wurde wiedererkannt Intensive Ermittlungen des Kriminalkommissariats Bruchsal nach einer gefährlichen Körperverletzung am Montagnachmittag im Bereich des Bahnhofes Bruchsal führten zu einem dringenden Tatverdacht gegen einen 25-jährigen deutschen 20.02.2024 Karlsruher Richter kassieren Freispruch für Klimaaktivisten - Urteil lückenhaft Karlsruhe (dpa) – Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am Dienstag einen Freispruch wegen Nötigung im Falle einer Straßenblockade durch einen Klimaaktivisten gekippt. Eine grundsätzliche Entscheidung, ob es sich in diesem Falle um Nötigung handelte, wurde aber nicht getroffen, wie aus der Entscheidung hervorgeht. Fall geht zurück ans Amtsgericht Das Urteil des Amtsgerichtes Freiburg, das einen 32-Jährigen freigesprochen hatte, sei 10.01.2024 Die Mehrwertsteuer ist gestiegen – jetzt müssen Gastronomen den Gürtel enger schnallen Region (lea) – Essen gehen, oder doch lieber selbst kochen? Diese Frage wird sich in zahlreichen Haushalten mit Blick in den Geldbeutel im neuen Jahr häufiger stellen. Denn zum Jahreswechsel klettert die Mehrwertsteuer von sieben wieder auf den vor-Pandemie-Satz von 19 Prozent. Von Kanzler Scholz‘ Aussage, die Mehrwertsteuer werde nie wieder abgeschafft, ist angesichts von