Fast gesamte Region Corona-Risikogebiet - Pforzheim begrenzt private Feiern am Stärksten

23. Oktober 2020 , 16:06 Uhr

Karlsruhe (pm/dpa/lk) – Der Landkreis Karlsruhe hat den Grenzwert von 50 Corona-Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen überschritten. Die Stadt liegt nur knapp unter dem Wert. Um einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken, werden künftig in und um Karlsruhe verschärfte Maßnahmen gelten. Inzwischen gilt fast die gesamte Region als Corona-Risikogebiet. Auch Pforzheim hat eine Allgemeinverfügung erlassen, die am Samstag in Kraft tritt. Hier dürfen sich privat nur noch 5 Personen treffen.

Infektionszahlen in Karlsruhe steigen

Am Freitag hat es im Stadt- und Landkreis Karlsruhe nach Angaben des Gesundheitsamtes 740 Infizierte gegeben. Im Landkreis (53,92) wurde der Grenzwert bereits überschritten, die in Stadt (47,11) liegt nur noch knapp darunter. Damit gilt der Landkreis Karlsruhe als Risikogebiet. Insgesamt gibt es in 13 Senioren- und Pflegeheimen Infektionsgeschehen, außerdem sind 48 Schulen im Landkreis Karlsruhe von Corona-Infektionen betroffen. Die Aufnahmen von Corona-Patienten in Kliniken haben sich inzwischen verdreifacht, vier Patienten im Landkreis müssen derzeit beatmet werden.

Kreis Karlsruhe erlässt Allgemeinverfügung

Daher wollen Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup und Karlsruhes Landrat Christoph Schnaudigel eine allgemeine Verfügung erlassen. Diese gilt einheitlich in allen 32 Gemeinden des Landkreises, sowie im Stadtkreis Karlsruhe. Diese Verfügung sieht eine Maskenpflicht im gesamten öffentlichen Raum vor. Zwischen 23:00 und 06:00 Uhr wird eine Sperrzeit eingeführt. Es gilt ein Alkoholaussschanksverbot und Verbot vom Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr. Auch in Supermärkten und an Tankstellen darf in dieser Zeit kein Alkohol verkauft werden. Die Straßenprostitution wird wieder verboten. Im privaten Raum dürfen sich maximal noch 10 Personen oder zwei Haushalte treffen. Bei öffentlichen Veranstaltungen bleibt die aktuelle Regelung mit maximal 100 Personen bestehen. Wer sich nicht an die Abstandsregeln hält, muss mit einem Bußgeld von 70 Euro rechnen, im ÖPNV sogar bis zu 100 Euro.

Landratsamt kann Verfügung verlängern

Die Allgemeinverfügung gilt im Landkreis Karlsruhe ab Samstag und in der Stadt ab Sonntag und ist zeitlich befristet bis zum 20. November. Das Landratsamt Karlsruhe kann diese Allgemeinverfügung, wenn es die Lage erfordert, auch verlängern. „Es geht jetzt vor allem darum, die Infektionsketten abzubrechen, damit wir dann an Weihnachten wieder in einem Zustand sind, dass man vielleicht sogar mit einer größere Familie gemeinsam feiern kann“, erläuterte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup die Einschränkungen. Zuvor hatten diese Woche auch der Landkreis Calw (76,7), der Kreis Freudenstadt (60,89), der Stadtkreis Baden-Baden (65,24), der Stadtkreis Pforzheim (60,43), der südpfälzische Kreis Germersheim Germersheim (55,8) sowie der Enzkreis (76,67) den Grenzwert überschritten. Der südpfälzische Kreis Südliche Weinstraße (45,24) sowie der Landkreis Rastatt (45,37) liegen leicht unter dem Grenzwert. Keinen einzigen neuen Fall hat es in Landau gegeben, die kreisfreie Stadt rutscht daher im Warn- und Aktionsplan des Landes Rheinland-Pfalz zurück in die „Warnstufe“ Gelb (Stand Freitag 16:30 Uhr).

Verschärfte Maßnahmen in Pforzheim

Auch in Pforzheim und im Enzkreis wurden heute verschärfte Regeln erlassen, die ab Samstag gelten: Ansammlungen von mehr als fünf Personen sind verboten, Ausnahmen gelten nur für Familien und Lebenspartnerschaften sowie im Arbeitsumfeld. Gaststätten müssen um 23:00 Uhr schließen. Der Verkauf von alkoholischen Getränken ist zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr auch in Supermärkten und Tankstellen verboten. Verstöße werden mit bis zu 500 Euro Bußgeld geahndet. Außerdem sind Kulturveranstaltungen sowie Kino-Vorstellungen mit mehr als 250 Personen untersagt. Die Bedeckung von Mund und Nase in der Fußgängerzone gilt in Pforzheim unabhängig vom Abstand. Verstöße kosten laut Verordnung 50 Euro Strafe. Weiterhin wurde auch der Pforzheimer Weihnachtsmarkt abgesagt.

Allgemeinverfügung auch für Baden-Baden

Auch für die Stadt Baden-Baden wird ab Sonntag eine neuen Allgemeinverfügung gelten. Sie präzisiert das Tragen einer Mund- und Nasenbedeckung und führt eine Sperrstunde ein. Eine Alltagsmaske, ein Schal oder ein Tuch vor Mund und Nase müssen in der Fußgängerzone getragen werden. Konkret geht es um die Lange Straße vom Hindenburgplatz bis zum Blumenbrunnen sowie um die Gernsbacher Straße zwischen Leopoldplatz und Caracalla-Therme. Die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten beginnt um 23:00 Uhr und endet um 06:00 Uhr. Der Ausschank, die Abgabe und der Verkauf von alkoholischen Getränken ist in dieser Zeit ebenfalls verboten. Bei Nichteinhaltung dieser Vorgaben droht ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro.

Maskenpflicht in Rastatter Innenstadt

Die Stadt Rastatt weist darauf hin, dass die Maskenpflicht in den ausgewiesenen Fußgängerbereichen der Innenstadt unbedingt einzuhalten ist. Verpflichtend ist das Tragen einer Mund-Nasen-Maske in der Poststraße, der Kaiserstraße zwischen Poststraße und Lyzeumstraße, der Rossistraße, der Museumstraße zwischen Schlosserstraße und Herrenstraße, der Schlossstraße zwischen Schlosserstraße und Schiffstraße, der Rathausstraße sowie auf dem Marktplatz, dem Faneser Platz und dem Kulturplatz. Der städtische Ordnungsdienst wird die Einhaltung der Maskenpflicht überprüfen. Die Maskenpflicht auf dem Wochenmarkt wird von einem privaten Sicherheitsdienst kontrolliert.

Maßnahmenpaket im Kreis Calw geschnürt

Der Landkreis Calw hatte bereits am Dienstag den Wert von 50 Corona Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche überschritten und daraufhin ein Maßnahmenpaket geschnürt. Kontrolliert wird verstärkt dort, wo sich Jugendliche treffen, beispielsweise in Vereinen, Jugendtreffs und auf Sportanlagen. Außerdem soll es auch Kontrollen an Ausflugsziele und touristischen Hotspots wie dem Baumwipfelpfad in Bad Wildbad geben, teilte Landrat Helmut Riegger mit. Dort würden sich gerade bei schönem Wetter oft lange Schlangen bilden. In Alten- und Pflegeheimen werden moderate Beschränkungen eingeführt: zwei Besucher pro Tag und Bewohner. Außerdem gilt im Kreis Calw ebenfalls ein Alkoholverkaufsverbot ab 23:00 Uhr. Kommunale Räume dürfen nicht mehr für private Feierlichkeiten vermietet werden.

Wo die Maskenpflicht gilt

Die Maskenpflicht gilt im ÖPNV, im öffentlichen Fernverkehr, in Läden und Einkaufszentren, auf allen Großmärkten, Wochenmärkten, Spezial- und Jahrmärkten, sofern sie in geschlossenen Räumen stattfinden, in Schulen ab der fünften Klasse, sowohl im Unterricht als auch auf den Verkehrswegen, in der Gastronomie, wenn sich die Gäste nicht an ihrem Platz befinden, in Fußgängerbereichen, wie Einkaufsstraßen und Fußgängerzonen (Marktplätze, Fußgängerzone, Einkaufsstraßen) sowie, wenn der Abstand von 1,5 Meter nicht dauerhaft eingehalten werden kann. Das betrifft also auch stark frequentierte Bürgersteige und Gehwege.

Erste Klagen gegen Sperrstunde

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband in Baden-Württemberg hält nichts von der Sperrstunde für Gastronomiebetriebe. „Eine Sperrstunde ist nicht nachvollziehbar und nicht verhältnismäßig“, sagte ein Dehoga-Sprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Er geht davon aus, dass die Frage der Rechtmäßigkeit schon sehr bald durch Gerichte geklärt wird. Einzelne Betriebe würden bereits Eilklagen vorbereiten. „Das Land hat mit dem Beherbergungsverbot schon einmal Schiffbruch erlitten. Jetzt könnten Kommunen möglicherweise Ähnliches erleben.“ Es sei nicht belegt, dass Gasthäuser Corona-Infektionsschwerpunkte seien. Die Dehoga warnte vor negativen Folgen der Sperrstunde, wenn Gäste nicht im geregelten Rahmen der Gastronomiebetriebe, sondern in Privaträumen zusammenkämen. Finanziell seien „ganz enorm“ Bars und Szene-Lokale betroffen.

Eilantrag gegen Maskenpflicht im Unterricht abgewiesen

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat unterdessen einen Eilantrag gegen die Maskenpflicht im Unterricht abgelehnt. Zwei Schüler aus dem Landkreis Ravensburg wollten das Verbot kippen. Aus ihrer Sicht ist es unklar, ob es an Schulen ein hohes Infektionsrisiko gibt. Zudem sei nicht nachgewiesen, dass ein einfacher Mund-Nasen-Schutz die Ausbreitung des Coronavirus wirksam bekämpfe. Die Richter sahen das anders: Die Maskenpflicht sei ein geeignetes Mittel im Kampf gegen die Pandemie. Es sei nicht zu beanstanden, diese Maskenpflicht an Schulen landesweit zu verhängen. Auch wenn im Landkreis Ravensburg derzeit weniger Menschen als im Landesdurchschnitt infiziert sind: Dies könne sich jederzeit schnell ändern. Landkreisgrenzen würden von Schülern und Lehrern „in vielen Fällen täglich überschritten“, teilte der VGH in Mannheim am Freitag mit.

Eilantrag gegen Quarantäne scheitert ebenfalls

Auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat einen Eilantrag einer Zwölftklässlerin eines Gymnasiums in Calw gegen die häusliche Quarantäne abgelehnt. Das Landratsamt hatte nach sechs Corona-Fällen in ihrer Jahrgangsstufe eine 14-tägige häusliche „Absonderung“ für alle Zwölftklässler der Schule angeordnet. Dagegen wehrte sich die Schülerin. Nach Angaben des Gerichts vom Freitag verwies sie darauf, dass sie sich nur bei einzelnen Kursen und in gut belüfteten Räumen gemeinsam mit Infizierten aufgehalten und keine Face-to-Face-Kontakte mit ihnen gehabt habe. Zudem sei sie zwischenzeitlich negativ auf das Coronavirus getestet worden. Dem folgte das Gericht nicht. Auch ein negativer Corona-Test könne als Momentaufnahme die Quarantänezeit nicht verkürzen.

Katalysator für Gesundheitssystem

Ministerpräsident Winfried Kretschmann betrachtet die grassierende Corona-Pandemie auch als Chance für die Modernisierung des Gesundheitssystems. „Die Pandemie wirkt wie ein Katalysator bei der Transformation des Gesundheitswesens“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag bei einer Tagung zum „Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg“. Natürlich sei die Pandemie eine schreckliche Naturkatastrophe und eine schwere Bürde für alle. „Aber unser Gesundheitssystem wird nicht nur aufs Äußerste gefordert, es kann auch von der ungeheuren Energie profitieren, die derzeit in dieses System fließt.“ Diese Chance wolle man nutzen und das Gesundheitssystem widerstandsfähiger und die Gesundheitswirtschaft noch innovativer machen. Man setze auf Digitalisierung, Personalisierung, Qualifizierung.

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