Region (dk) – Seit Anfang 2023 gilt die Mehrwegangebotspflicht in Deutschland. Zwei Jahre später zieht die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eine gemischte Bilanz: Zwar gibt es Fortschritte, doch vielerorts wird die gesetzliche Pflicht noch immer nicht vollständig umgesetzt.
Die Mehrwegangebotspflicht trat am 1. Januar 2023 in Kraft und basiert auf einer europäischen Richtlinie, die in Deutschland ins Verpackungsgesetz übernommen wurde. Ziel ist es, den Müll durch Einwegverpackungen aus Kunststoff deutlich zu reduzieren. Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt:
Für die Gastronomiebetriebe hat das bedeutet, dass sie sich umstellen mussten. Also alle, die ihre Speisen oder Getränke in Einwegverpackungen mit oder aus Kunststoff ausgegeben haben, müssen ab dem 1. Januar 2023 auch Mehrwegangebote machen.
Gerade Einwegbecher, To-Go-Verpackungen und Kunststoffschalen sollen so vermieden werden, um unter anderem die Belastung der Meere mit Plastikmüll zu verringern.
Die Art und Weise, wie die Betriebe die Pflicht umsetzen, ist sehr unterschiedlich. Einige waren bereits gut vorbereitet und hatten Mehrwegbecher im Angebot. Andere suchten Schlupflöcher, indem sie auf Papier- oder Aluminiumverpackungen umstiegen, für die die Pflicht nicht greift.
„Dann wurde zum Teil einfach das Material verändert, was natürlich am Müll leider gar nichts ändert“, kritisiert Holzäpfel.
Es gibt verschiedene Lösungen: Manche Betriebe haben eigene Mehrwegbehälter eingeführt, andere nutzen sogenannte Pool-Systeme, bei denen Becher und Schalen über mehrere teilnehmende Betriebe hinweg getauscht und zurückgegeben werden können.
Für kleinere Betriebe mit maximal fünf Beschäftigten und einer Verkaufsfläche unter 80 Quadratmetern gelten vereinfachte Regeln:
„Die müssen keine eigenen Mehrwegbehältnisse anschaffen, sondern nur darauf hinweisen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eigene Behältnisse mitbringen können“, so Holzäpfel.
Doch selbst dieser einfache Hinweis fehlt häufig. „In den Betrieben, wo wir jetzt gesehen haben, da gibt es keine Behältnisse, wurde aber auch kein Hinweis irgendwo angebracht, sodass auch da die Pflicht definitiv nicht erfüllt war.“
Anfangs sei die Kontrolle der Einhaltung schwierig gewesen. „Es gab Behörden, die gesagt haben, wir haben da überhaupt keine Kapazitäten für. Deswegen haben wir da noch gar nichts gemacht“, berichtet Holzäpfel. Mittlerweile würden zwar mehr Kontrollen durchgeführt, Strafen seien möglich und würden auch verhängt.
Trotzdem bleibt der Eindruck: „Der Zwang ist da und trotzdem funktioniert es nicht und es ist einfach irgendwie traurig, dass es eine gesetzliche Pflicht gibt, die einfach nicht erfüllt wird.“
Auch für die Kundschaft sei die Umsetzung oft kompliziert. Holzäpfel beschreibt:
„Wir haben gesehen, dass es einfach ein großes Problem ist, das überhaupt zu nutzen. Ich als Verbraucherin habe ja eigentlich dann das Recht auf Mehrwegbehältnisse vor Ort. Wenn die aber nicht da sind und wenn ich auch gar nicht darauf hingewiesen werde, habe ich einfach ein Problem.“
Hinzu kommen verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Pfandbeträgen, Apps und Rückgabemöglichkeiten, was die Nutzung zusätzlich erschwert. „Wenn ich erstmal jedes Mal danach fragen muss, dann es ganz viele unterschiedliche Systeme gibt […], dann wird das einfach so erschwert, dass es nicht so einfach ist, einfach zu sagen: Ja klar, super Mehrwegangebotspflicht, das mache ich jetzt.“
Für Holzäpfel ist klar: „Wir sehen da ganz klar die Verantwortung bei den Betrieben, dass die die Behältnisse erstmal anbieten, dass sie auch darauf hinweisen, dass sie nicht den Umweg gehen, dann auf Papier umzustellen, denn dann haben wir das Müllproblem trotzdem nach wie vor.“
Neben den Betrieben sieht Holzäpfel auch die Gäste in der Verantwortung:
„Wenn wir als Kunde, als Kundin auch in den Gastronomiebetrieben aktiv nachfragen, gibt es das dann auch in Mehrweg, dann tragen wir natürlich auch dazu bei, dass sich das Angebot erhöht.“