Weingarten: Deutlich weniger Stammzellenspender wegen Corona

16. Dezember 2020 , 12:30 Uhr

Weingarten (dpa/lk) – Die Corona-Pandemie hat die Knochenmarkspende-Aktionen vor eine der größten Herausforderungen in ihrer fast 30-jährigen Geschichte gestellt. Sowohl die DKMS mit Sitz in Tübingen, als auch der Verein blut e.V. aus Weingarten bei Karlsruhe haben 2020 deutlich weniger Stammzellspender registriert, als in den Jahren zuvor.

Etwa ein Drittel weniger Registrierungen

Geschlossene Grenzen, gestrichene Flugverbindungen und verschobene Vor-Ort-Registrierungsaktionen – im Corona-Jahr 2020 werden sich bis Ende Dezember voraussichtlich mehr als 400.000 Menschen bei der DKMS in Deutschland registriert haben. Der Stand am 04. Dezember belief sich auf 386.259. Dies sind rund ein Drittel weniger als im Vorjahr 2019, wie die DKMS in Tübingen mitteilte. Die Gesundheitskrise habe die Arbeit bei der DKMS fundamental verändert, sagte Elke Neujahr, die Vorsitzende der DKMS-Geschäftsführung. „Doch trotz größter Herausforderungen haben wir neue Chancen erkannt und viele positive Veränderungen eingeleitet. Wir sind noch digitaler und flexibler geworden.“

Flexibel an Pandemie angepasst

Weltweit seien 6.843 Stammzellspenden vermittelt worden. Wie aus der Pressemitteilung weiter hervorgeht, fanden allein in Deutschland bis Ende November 5.108 Stammzellentnahmen von DKMS-Stammzellspendern statt. 845 Transplantate gelangten bis Ende November auf dem Luftweg via „Cargo im Cockpit“ zu ihren jeweiligen Patienten. Eine Neuerung: Der Pilot eines Cargofluges fungiert dabei als Kurier und übergibt die Stammzellen am Zielflughafen an Fachkräfte, die die Fracht zur Transplantationsklinik bringen. Diese Lösung hatte die DKMS mit Fluggesellschaften und Kurierdiensten auf die Beine gestellt, als wegen der Corona-Pandemie immer weniger Passagierflüge zur Verfügung standen.

Abstrich-Sets für zu Hause von blut e.V.

Auch beim Verein blut e.V. aus Weingarten war im vergangenen Jahr alles anders. Beeinträchtigungen gab es vor allem im Veranstaltungssektor – also bei Fundraising-Events oder bei Typisierungsaktionen. Die erste Vorsitzende Susanne Bogner berichtet im Interview mit der neuen welle: „Uns haben trotz allem viele Anrufe erreicht, bei denen Menschen eine Stammzellspende benötigt haben. Weil in diesem Jahr keine Vor-Ort-Aktionen möglich waren, sind wir erstmal auf Online-Abstrich-Boxen ausgewichen.“ Dabei werden Abstrich-Sets an Menschen nach Hause geschickt, die Abstriche können zu Hause selbst durchgeführt werden und dann an ein Labor geschickt werden. Bogner erklärt aber, dass von 100 verschickten Sets normalerweise nur etwa 30 wieder in einem Labor landen würden. Allerdings sei die Bereitschaft in diesem Jahr höher gewesen. Die Rücklaufquote habe bei 50 bis 60 Prozent gelegen.

Vor-Ort-Aktionen nur im Sommer mit Hygienekonzept

Mit den ersten Lockerungen konnten dann jedoch auch wieder Typisierungsaktionen durchgeführt werden. Dabei wurde ein Hygienekonzept auf die Beine gestellt, das deutschlandweit fast einzigartig war, so Bogner: „Ende Juni konnten wir wieder rausgehen. Wir haben rigide ein Hygienekonzept erstellt. Und konnten damit als eine der ganz wenigen Organisationen in Deutschland auch wieder bis Ende August vor Ort sein. Wir haben in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern typisiert. In jedem Bundesland mussten natürlich die Bedingungen an die Gegebenheiten angepasst werden. Das war nur durch das hochqualifizierte Team an Ehrenamtlichen und aus medizinischen Berufen möglich.“ Als die Infektionszahlen im Herbst wieder schlechter wurden, musste auch blut e.V. wieder die Typisierungsaktionen vor Ort absagen. „Wir hangeln uns aktuell wieder von Monat zu Monat“, bedauert Bogner. „Aber wir stehen Gewehr bei Fuß.“

Spender-Dateien sollten laufend aufgefüllt werden

Insgesamt konnten im vergangenen Jahr trotzdem knapp 1.300 neue Spender gewinnen. Das sei zufriedenstellend, so Bogner. „Es gibt deutschlandweit 26 Daten. Und dann freiwillige Vereine, wie uns. Wir beliefern die Dateien dann mit neuen Spendern. Alle Dateien arbeiten sehr eng vernetzt zusammen.“ Alle Spenderdateien sind zusammengeschlossen im Zentralen Knochenmarkregister Deutschland (ZKRD). Dadurch ist es für den Patienten völlig unerheblich, wer den potentiellen Spender aufgenommen hat. Bogner appelliert daher an alle Bürger: „Es ist unglaublich wichtig, dass die Register jedes Jahr mit Nachschub bestückt werden. Wenn immer neue Stammzellspender dazukommen, steigen die Chancen für Blutkrebspatienten einen geeigneten, passenden, fremden Spender zu finden.“ Die Abstrich-Sets können mit ein paar Klicks hier bestellt werden. Mit den enthaltenen Stäbchen kann ganz einfach ein Mundschleimhaut-Abstrich zu Hause gemacht werden.

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