Travestiekünstler Tobias Frey: "Meine Kunst muss nicht jedem gefallen"

01. Mai 2022 , 12:01 Uhr

Karlsruhe (lk) – Jeden Sonntag trifft Martin Wacker bekannte Persönlichkeiten aus der Region. Diesmal war der Travestiekünstler Tobias Frey alias Vikky Winchester die Regenbogenhummel zu Gast. „Lebe das leben, so bunt es nur geht“ – das ist das Motto von Vikky Winchester. Seit vielen Jahren ist Vikky in der Region um Karlsruhe, aber auch deutschlandweit unterwegs. Wie es dazu kam, dass Tobias als Vikky auf die Bühne gegangen ist und wie vielfältig die Shows mit der Regenbogenhummel sind – das erfahrt Ihr bei uns.

Zwei Stunden für Schminke und Outfit

Frauen stehen ja auch mal länger im Badezimmer – aber das ist vermutlich alles nichts gegen Tobias Frey. Der Travestiekünstler braucht gute zwei Stunden, um sich in Schale zu werfen. „Das geht los mit rasieren, schminken und umziehen.“ Auf der Bühne schlüpft Vikky Winchester die Regenbogenhummel dann in viele unterschiedliche Rollen, daher besitzt er auch unterschiedliche Outfits. „Ich denke mir viele meiner Kostüme selbst aus, lasse sie mir schneidern und verziere sie dann noch.“ Das große Vorbild ist Olivia Jones – „die Mama“. Tobias durfte die Ikone sogar schon einmal kennenlernen. „Und sie wusste sogar, wie ich heiße. Ich glaube das kam aber daher, dass wir in der Zeit den gleichen Perückenmacher hatten“, lacht die bunte Regenbogenhummel.

„Meine Kunst muss nicht jedem gefallen“

Der Schritt sich anzumalen und raus zu gehen war jedoch gar nicht einfach. „Es fällt mir teilweise heute noch schwer, unter Menschen zu gehen. Das erfordert sehr viel Mut.“ Auf der Bühne fallen dann jedoch alle Hemmungen. „Ich komme aus der Gegend Oberreut und ich fühle mich nicht wohl, als Regenbogenhummel auf der Straße zu laufen. Auf dem CSD ist das aber wieder was anderes. Da freue ich mich immer richtig darauf.“ Obwohl wir in einer offenen und aufgeklärten Gesellschaft leben, eckt Vikky immer wieder an. „Mir selbst ist tatsächlich noch nie etwas Negatives passiert. Mit abwertenden Blicken muss ich leben. Diese Art von Kunst muss nicht jedem gefallen. Aber ich möchte respektiert werden. Doch ich habe Kollegen, die sogar schon mit Pfefferspray besprüht oder angespuckt wurden.“

Drag Queen versus Travestiekünstler

Vikky Winchester kann für  Hochzeiten und Geburtstage gebucht werden. „Die zwei Jahre mit Corona haben sehr viel kaputt gemacht. Inzwischen mache ich daher auch meine eigenen Shows. Auf der Bühne stelle ich verschiedene Typen dar. Dabei mache ich viel im Bereich Comedy. Ich liebe es nämlich, wenn die Menschen lachen anstatt zu klatschen.“ Außerdem gebe es einen Unterschied zwischen Drag Queen und Travestiekünstler. „Drags haben ein Kostüm an, eine Perücke auf und tanzen in den Clubs. Travestiekünstler sind etwas gesetzter und treten mit Schlager und Comedy vor Publikum auf. Allerdings verschwimmen die Grenzen ein bisschen.“ Vikky arbeitet öfter mit den Kolleginnen Frollein Dörthe, Lilly France, Madame Gordin Rouge oder der Travestie-Truppe Chapeau Claque & Rosa Bällchen zusammen.

„Finger weg von meiner Musch“

Zum Travestiekünstler ist Tobias durch eine Krankheit gekommen: „Ich hatte einen Tumor an der Wirbelsäule und musste nach drei Jahren erst wieder laufen lernen. Danach musste ich einfach was besonderes machen. Ich habe in den 90er Jahren als Animateur gearbeitet. Und weil mir das so Spaß gemacht hat, bin ich erstmals als Vikky auf die Bühne gegangen.“ Das erste Kostüm war damals Rot und mit roten Federn geschmückt. Mit Kostümen gab es auch schon lustige Pannen: „Ich habe eine Nummer `Finger weg von meiner Musch´. Am Ende hebe ich das Kleid und habe dort eine Federboa. Durch Corona waren die Kostüme jetzt lange eingelagert. Als ich die Nummer zum ersten Mal wieder gezeigt habe, ist eine Motte zwischen meinen Beinen herausgeflogen. Das Publikum hat auf dem Boden gelegen vor Lachen.“

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