Strobl will Quarantäneverweigerer in Klinik einweisen lassen

06. November 2020 , 14:44 Uhr

Karlsruhe/Stuttgart (dpa/lk) – Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl will Quarantäneverweigerer zwangsweise in ein geschlossenes Krankenhaus einweisen lassen.

Vorübergehende Zwangsunterbringung ist Thema

Seit Mai werde im Ministerium diskutiert, ob Quarantäneverweigerer „vorübergehend zwangsweise untergebracht werden können“, schreibt Strobl in einem Schreiben an Sozialminister Manfred Lucha und Ministerpräsident Winfried Kretschmann, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Strobl, der auch CDU-Bundesvize ist, beruft sich bei seinem Vorhaben auf das Infektionsschutzgesetz, das eine zwangsweise Absonderung in einem abgeschlossenen Krankenhaus vorsehe.

Ehemalige Klinik im Schwarzwald dafür nutzen

„Das Innenministerium sieht den Bedarf für ein solches geschlossenes Krankenhaus“, heißt es in dem Schreiben. Wenn eine Person als bestätigter oder potenzieller Virusträger identifiziert wurde, diene die „Absonderung nicht der Strafe, sondern dem Schutz der Mitmenschen“. Ähnliches gelte, wenn „die Person gegen ihren Willen zwangsweise abgesondert werden muss, weil sie sich nicht an die Anordnungen zur häuslichen Absonderung hält“, bekräftigt Strobl. Er schlägt vor, Räume der früheren Klinik St. Blasien im Kreis Waldshut als zentrales Krankenhaus zu nutzen. Die geforderte Zwangseinweisung solle – ähnlich wie bei Psychiatrien – „in einem geordneten gerichtlichen Verfahren“ abgewickelt werden.

Lucha äußert sich gegen den Vorschlag

Seit Mai stünden Innenministerium und Sozialministerium in einem Austausch, wie man mit diesen Personen umgehen solle. Nach Ansicht des Sozialministers Lucha müssen harte Sanktionen gegen Quarantäne-Verweigerer verhängt werden, da es sich um ein schweres Vergehen handelt. Beim Vorschlag Strobls möchte Lucha aber andere Wege gehen: „Da es sich aber nach Erkenntnissen der Gesundheitsämter bei uns im Land um Einzelfälle handelt, muss aus unserer Sicht in Baden-Württemberg keine zentrale Einrichtung aufgebaut werden.“ Alles, was rechtlich durchsetzbar ist, sollte laut Lucha dezentral umgesetzt werden.

Ortspolizeibehörden sollen Verfahren einleiten

Die Ortspolizeibehörden sollten bereits nach dem ersten Quarantäne-Verstoß sofort das gerichtliche Verfahren zur „zwangsweisen Absonderung in einem geschlossenen Krankenhaus einleiten“, fordert Strobl. Die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht in einem solchen Fall viel Arbeit auf die Polizei zukommen. Der Landesvorsitzende Ralf Kusterer befürchtet einigen Widerstand der Verweigerer, mit dem sich die Polizisten befassen müssten: „Ich sehe Schwierigkeiten auf uns zukommen“, sagt er und fordert, Alternativen zu prüfen.

Negativbeispiel aus Landkreis Esslingen

In dem Brief schildert Strobl einen Fall aus Wendlingen am Neckar, bei dem eine Person zweimal in vier Tagen gegen Quarantäne-Auflagen verstoßen habe. Beim zweiten Mal habe die Person trotz Verbot durch die Polizei ein Bürgerbüro besucht. Erst danach habe die Behörde die Person nach Antrag beim Gericht zwangsweise in einer psychiatrischen Klinik unterbringen können, was mit der Vorbelastung des Betroffenen gerechtfertigt worden sei. Das Infektionsrisiko für Bürgerbüromitarbeiter hätte man verhindern können, heißt es im Innenministerium.

Sanktionen eher in Form von Erzwingungsgeldern

Wenn Belehrungen und Bußgelder nichts nützten, müssten härtere staatliche Mittel möglich sein, teilte SPD-Politiker Rainer Hinderer mit. Er ist der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion und sagte, eine Prise Abschreckung schade manchen nicht. Das Verweigern der Quarantäne ist laut Grünen-Politiker Uli Sckerl kein Kavaliersdelikt. Doch für Sanktionen stehen laut dem Innenexperten bereits Mittel wie Erzwingungsgelder oder Erzwingungshaft zur Verfügung.

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