Baden-Württemberg (dk) – Bisher war es ja ganz einfach: Es gibt eine unverbindliche Grundschulempfehlung – ob ihr Kind jetzt aber auf Gymnasium, Realschule oder Gemeinschaftsschule geht, haben Eltern komplett selbst entschieden. Das ändert sich jetzt aber: Die Grundschulempfehlung wird wieder verbindlicher. Grund dafür ist unter anderem das wieder eingeführte neunjährige Gymnasium.
Mit der Einführung des neuen Aufnahmeverfahrens „NAVI 4“ ändert sich in Baden-Württemberg der Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen. Während Eltern weiterhin eine zentrale Rolle bei der Schulwahl für ihre Kinder haben, sind nun mehrere Säulen entscheidend für die Grundschulempfehlung – insbesondere für das Gymnasium.
Kompetenzmessung „KOMPASS 4“
Seit November 2024 müssen alle Grundschülerinnen und Grundschüler an öffentlichen Schulen an diesem standardisierten Test teilnehmen. In den Fächern Deutsch und Mathematik wird überprüft, welche Kompetenzen sie mitbringen. Kompass 4 hat erstmals im vergangenen November stattgefunden.
Pädagogische Gesamtwürdigung
Die Grundschulempfehlung basiert weiterhin auf einer Einschätzung der Lehrkräfte. Dabei werden schulische Leistungen, Lernverhalten und persönliche Entwicklung berücksichtigt.
Elternwille
Die Entscheidung der Eltern bleibt ein wichtiger Faktor. Sie können zwischen den verschiedenen Schulformen wählen, müssen jedoch – je nach Testergebnissen – zusätzliche Schritte beachten.
Potenzialtest für das Gymnasium
Diese Neuerung betrifft ausschließlich Kinder, die aufs Gymnasium wollen, aber deren Testergebnisse und Grundschulempfehlung nicht den gewünschten Ergebnissen entspricht. In diesem Fall können Eltern ihr Kind zu einem Potenzialtest anmelden, der nochmals Kenntnisse in Deutsch, Mathematik und überfachliche Kompetenzen überprüft.
Mit der Einführung des G9-Gymnasiums erwartet die Landesregierung einen verstärkten Ansturm auf diese Schulform. Die Reform soll sicherstellen, dass Kinder eine Schulwahl treffen, die zu ihrer individuellen Leistungsfähigkeit passt. Schulamtsleiter Rüdiger Stein betont:
Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass viele Kinder im Gymnasium überfordert waren. Der Potenzialtest bietet eine zusätzliche Möglichkeit, um zu prüfen, ob das Gymnasium die passende Schulform ist.
Für Gemeinschaftsschulen, Realschulen und Werkrealschulen bleibt der Elternwille ausschlaggebend. Die Änderungen betreffen also in erster Linie das Gymnasium.
Die Reform wurde erstmals im Schuljahr 2024/25 umgesetzt. Kritik gab es unter anderem daran, dass der „KOMPASS 4“-Test zu textlastig sei und viele Kinder Schwierigkeiten damit hatten. Laut Stein sei das Ministerium bereits dabei, den Test zu überarbeiten.
Außerdem betont er, dass die Grundschulempfehlung nicht in Stein gemeißelt sei:
Die Schulwahl in der vierten Klasse ist keine Lebensentscheidung. Unser Bildungssystem in Baden-Württemberg ist durchlässig – ein Wechsel ist immer möglich.
Eltern sollen die Entscheidung gemeinsam mit Lehrkräften abwägen und darauf vertrauen, dass die Empfehlung der Schule in den meisten Fällen eine hohe Treffsicherheit hat.