NABU: Millionen Zugvögel fliegen durch Baden-Württemberg

27. September 2025 , 10:54 Uhr

Stuttgart (pm/nr) – Im Himmel fliegen momentan sehr viele Zugvögel über Baden-Württemberg, um hier zu überwintern. Die NABU unterstützt die Vögel, die sich länger im Südwesten niederlassen aufgrund der bestehenden Problematik des Klimawandels.

Ein Blick nach oben lohnt sich!

In der Vogelwelt im Südwesten herrscht große Aufbruchstimmung. Baden-Württemberg ist Abflug- und Transitland sowie Winterquartier für viele Arten. Der Blick zum Himmel und ein Besuch draußen lohnen sich jetzt besonders. Sobald es das Wetter erlaubt, reisen viele Zugvögel ab.

An beliebten Rastplätzen, wie Federsee und Bodensee, den Flussauen von Rhein und Donau sowie der Saalbachniederung, legen Zugvögel Zwischenstopps ein, um Energie zu tanken. Einige Vogelarten, wie Kleiber, Buntspecht und Haussperling, bleiben ganzjährig in ihrem Brutgebiet im Südwesten. Andere, wie Amsel und Rotkehlchen, entscheiden kurzfristig, je nach Wetterlage, wohin sie ausweichen.

„In den Gärten sieht man jetzt andere Individuen: Jene, die bei uns brüten, ziehen im Winter etwas weiter südlich, während Vögel aus dem Norden am Futterplatz zu beobachten sind. Jeden Tag finden sich zurzeit neue Kohl-, Blaumeisen und Rotkehlchen ein, die ihr Brutgebiet verlassen haben und in hiesigen Parks, Gärten, Wäldern, auf Wiesen und in Schutzgebieten überwintern“, berichtet NABU-Ornithologe Stefan Bosch.

Vom Südwesten bis nach Afrika

Die meisten Schwalben machen sich schon Mitte August bereit für den Abflug. Weil sich die Brutzeit aufgrund des Klimawandels verlängert, sitzen jedoch auch jetzt noch junge Schwalben in den Nestern. Ihnen droht der Hungertod, sollte sich das Wetter nicht bald bessern – denn bei Kälte und Regen bleibt ihre Nahrung, die Fluginsekten, aus. Zurzeit füttert das Team des NABU-Vogelschutzzentrums einige späte Jungschwalben und hofft, sie bald auswildern zu können.

Der Kiebitz verlässt die NABU-Schutzprojektflächen im Land Richtung Mittelmeerraum. Schwarzmilane und Fischadler sind derzeit von der Rheinebene unterwegs nach Westafrika. Schon verschwunden sind Kuckuck und Pirol, die mittlerweile in ihren Überwinterungsgebieten südlich des Mittelmeers angekommen sind. Ein besenderter Wespenbussard von der Ostalb erreichte bereits Mitte September die Elfenbeinküste. In nur dreieinhalb Wochen brachte er die lange Reise hinter sich.

„Besondere Aufmerksamkeit zieht der papageienbunte Bienenfresser auf sich, der zunehmend im Land brütet“, erklärt Daniel Schmidt-Rothmund, Leiter des Mössinger Vogelschutzzentrums. „Bienenfresser machen den Abflug, wenn sie nicht mehr genügend Großinsekten als Futter finden. Derzeit kann man sie mancherorts auf dem Zug beobachten.“

Baden-Württemberg ist Transitland

Watvögel ziehen vom Norden über das Wattenmeer zu den großen Feuchtgebieten im Südwesten. Nach kurzer Rast, etwa im Federseemoor, haben sie oft noch einen weiten Weg vor sich, zum Teil bis nach Mauretanien und in den Senegal. In den feuchten Riedwiesen lassen sich derzeit Trupps von Bekassinen beobachten. Die eher unscheinbaren Wiesenvögel sind in Deutschland vom Aussterben bedroht, auch weil Moore trockengelegt wurden. „Gerade für Zugvögel sind Feuchtgebiete wie der Federsee als Rastplätze überlebenswichtig. Hier finden sie genug Nahrung und Ruhe“, sagt Katrin Fritzsch, Leiterin des NABU-Naturschutzzentrums Federsee.

Ein überraschendes Zugphänomen am Bodensee sind die farbenprächtigen Kolbenenten. Ihre Bestände steigen im Wollmatinger Ried und dem 2023 neu ausgewiesenen Naturschutzgebiet „Markelfinger Winkel und westlicher Gnadensee“ im September stark an. Sie kommen jedoch nicht, wie die meisten anderen Zugvögel, aus dem Norden zu uns, sondern vor allem aus Spanien. Sie fressen am liebsten Armleuchteralgen, die Ende des Sommers in Spanien zur Neige gehen, im Bodensee aufgrund des wieder sauberen Wassers und der verringerten Nährstofffracht aber reichlich wachsen.

Priorität für die Wiederherstellung von Natur

Aufgrund des Klimawandels bleiben manche Zugvögel ganzjährig da, etwa immer mehr Weißstörche. Weil sich nicht nur das Zugverhalten verändert, sondern zunehmende Trocken- und Hitzephasen die hiesigen Feuchtgebiete belasten und austrocknen, setzt sich der NABU dafür ein, der Wiederherstellung von Natur die notwendige Priorität zu geben. „Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur EU-Wiederherstellungsverordnung und einen finanziell gut ausgestatteten Plan zur Umsetzung, damit die Klimakrise nicht zum Sargnagel für unsere Schutzgebiete wird“, fordert Stefan Bosch.

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