Modellprojekt zur Grundschule ohne Noten fällt im Land bei einigen durch

27. Juni 2022 , 14:56 Uhr

Region (dpa/lsw) – Vier Jahre Grundschule ohne Noten, das ist in Baden-Württemberg zwar nichts Neues. Als neues Reformprojekt wird das wieder aufgelegte Modellprojekt des Landes allerdings durchaus gesehen. Andere sparen nach der Ankündigung von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) nicht mit Kritik.

Pläne für 39 Schulen

Nach den Plänen des Kultusministeriums sollen Jungen und Mädchen an 39 Schulen von der ersten bis zur vierten Klasse vom kommenden Schuljahr an keine Zensuren mehr bekommen. „Am Ende wollen wir vergleichen, wie es um die Unterrichtsqualität und die Leistungen der Schüler bestellt ist“, sagte die Ministerin der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Testlauf im Koalitionsvertrag vereinbart

Ein solcher Testlauf war bereits im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz vereinbart worden. Neu ist die Idee aber nicht: Schon vor fast zehn Jahren hatte es im Südwesten einen solchen Schulversuch gegeben. Im Schuljahr 2013/2014 hatten zehn Grundschulen am Projekt „Grundschulen ohne Noten“ teilgenommen. Im Jahr 2017 dann hatte Schoppers Vorgängerin Susanne Eisenmann (CDU) das Aus für das Projekt verkündet.

Soziale Gerechtigkeit soll ermöglicht werden

Schopper begründet den neuen Anlauf mit dem Phänomen des „bulimischen Lernens“. Es werde für den Test gepaukt, danach werde alles wieder vergessen. „Damit ist kein Bildungsziel erreicht, und das verstehe ich auch nicht unter Qualität“, sagte die Ministerin den beiden Zeitungen. Wesentliches Ziel des Projektes sei es, mehr soziale Gerechtigkeit zu ermöglichen.

Kinder hätten profitiert

Bis zum Stopp durch Eisenmann hätten Schulen erfolgreich „alternative Formen der Leistungsmessung und -rückmeldung umgesetzt“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Monika Stein, am Montag. Eltern und Lehrkräfte seien überzeugt gewesen, Kinder hätten profitiert. Der neue Schulversuch zeige, dass es andere Wege gebe, Leistung zu messen und den Schülern und ihren Eltern Rückmeldungen ohne Noten zu geben. Die „Grundschule ohne Noten“ werde dafür sorgen, dass weniger Kinder verloren gingen, „weil sie durch schlechte Noten in ihrem Lerneifer ausgebremst werden“, sagte Stein.

FDP ist nicht überzeugt

Die FDP ist da nicht so überzeugt: „Wer glaubt, dass man Kindern etwas Gutes tut, wenn man Hürden aus den Schulen herausnimmt, der irrt“, sagte FDP-Bildungsexperte Timm Kern. An den Grundschulen gehe es darum, sich grundlegende Fertigkeiten anzueignen und eben nicht auswendig zu lernen. Für das „Experiment“ müssten Kinder mit ihren Bildungsbiografien herhalten.

SPD: Projekt sei keine Innovation

Die SPD kritisierte, Schoppers Projekt sei keineswegs eine Innovation. „Die Erkenntnis, dass der schon bei der erstmaligen Durchführung positiv bewertete Modellversuch Potenzial hat, kommt reichlich spät“, sagte Katrin Steinhülb-Joos, die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. Sie ist sich sicher, dass „alternative Lernentwicklungsgespräche“ Schüler stärken können.

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