LKA-Chef: "Reiten, schießen, Lasso werfen reicht nicht mehr"

01. Mai 2025 , 10:01 Uhr

Stuttgart (dpa/nr) – Künstliche Intelligenz kann Ermittlern bei der Jagd nach Verbrechern enorm helfen. Aber auch Kriminelle nutzen KI und müssen sich dabei nicht an Recht und Gesetz halten.

„Für Straftäter und Verbrecher gilt keine AI-Verordnung“

Die Künstliche Intelligenz stellt die Ermittler des Landeskriminalamts vor wachsende Herausforderungen. „Mit KI kann jeder mittelintelligente ITler irgendwelche Schadprogramme boostern und optimieren. KI kann auch jeder Kriminelle nutzen“, warnte LKA-Präsident Andreas Stenger im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Kriminelle müssten sich dabei im Gegensatz zu den Ermittlern an keinerlei Regeln halten, so Stenger. „Für Straftäter und Verbrecher gilt keine AI-Verordnung“, sagte der Polizist mit Verweis auf das EU-Gesetz zur Künstlichen Intelligenz. „Die können einfach loslegen und diese technologischen Innovationen für ihre kriminellen Machenschaften nutzen.“

Kampf gegen Datenberge

Die Kriminaler hingegen beachteten immer die Spielregeln und verhielten sich rechtskonform, so Stenger. „Das führt vielleicht dazu, dass wir nicht ganz so volatil sind. Aber es ist schon unser Anspruch, dass wir diese innovativen und visionären Entwicklungen mitzeichnen.“

Ein Problem der Digitalisierung sind die Massen an Daten, mit denen die Beamten heutzutage konfrontiert sind – etwa bei Fotos oder Videos von Kindesmissbrauch. „Da müssen wir unfassbar große Datenmengen an Bildmaterial auswerten“, sagt Stenger. „Sind das harmlose Urlaubsfotos? Was ist Pornografie? Und was davon wiederum ist Kinder- oder Jugendpornographie?“ Stenger spricht von einem exponentiellen Anstieg. Man setze Tools ein, um diese Mengen vorzusortieren. Die Maschine lerne dabei. Das leiste einen wichtigen Beitrag, damit die Ermittler nicht in der Masse der digitalen Daten erstickten. „Aber am Ende macht die forensische Bewertung immer der Ermittler.“

Auch „Deep Fake“ sei ein Problem – also realistisch wirkende, manipulierte Videos, Bilder oder Audiodateien, die mit Hilfe von KI erstellt werden. „Was ist authentisch? Was ist noch forensisch valide und belastbar? Und was ist das Produkt von Bits und Bytes? Das ist eine zunehmende Herausforderung“, sagte der LKA-Chef.

Neues Jobprofil

Aufgrund dieser Entwicklungen habe sich auch das Anforderungsprofil für Kriminalbeamte stark gewandelt. „Also ‚Reiten, schießen, Lasso werfen‘ reicht nicht mehr“, sagte Stenger. Heute müssten Ermittlerinnen und Ermittler andere Kompetenzen haben und ein sehr „dynamisches Portfolio“ beherrschen. So gebe es in Baden-Württemberg etwa ein Studium mit einem Schwerpunkt auf IT-Ermittlungen. Man kooperiere mit den dualen Hochschulen, um Ermittlerinnen und Ermittler zu Cyber-Spezialisten auszubilden. Zudem gebe es Sonderlaufbahnen im Bereich Cybercrime, mit denen man IT-Experten zu Polizisten ausbilde. „Das bieten wir im gehobenen und im höheren Dienst an.“

Digitale Forensiker werten laut Stenger als Sachverständige digitale Spuren aus, analysieren und interpretieren sie. Das LKA habe den Ansporn, mindestens auf gleicher Höhe zu sein – und manchmal den Kriminellen auch den entscheidenden Schritt voraus, so Stenger.

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