Baden-Württemberg (dpa/dk) – Nach heftiger Kritik an der ersten Ausgabe im vergangenen Schuljahr starten an diesem Mittwoch erneut rund 100.000 Viertklässlerinnen und Viertklässler in den Leistungstest Kompass 4. Der Test in Deutsch beginnt am Mittwoch, Mathematik folgt am Donnerstag – und das Land hat einige Anpassungen vorgenommen, um die Durchführung zu verbessern.
Der Leistungstest ist Teil der verbindlicheren Grundschulempfehlung, die erstmals für die aktuellen Fünftklässler angewendet wurde. Statt ausschließlich dem Elternwillen zu folgen, entscheidet nun ein Modell aus drei Faktoren: Lehrerempfehlung, Leistungstest und Elternwunsch. Stimmen zwei dieser drei Komponenten überein, ergibt sich daraus die Empfehlung für die weiterführende Schule.
Verbindlich ist diese Empfehlung jedoch nur für das Gymnasium. Wollen Eltern ihr Kind entgegen der Empfehlung aufs Gymnasium schicken, muss ein zusätzlicher Test bestanden werden.
Die erste Ausgabe von Kompass 4 hatte im vergangenen Jahr zu deutlichen Debatten geführt. Eltern- und Lehrerverbände bemängelten vor allem zu schwere Mathematikaufgaben. Daraufhin kündigten Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Theresa Schopper Überarbeitungen an.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg begrüßt die Änderungen grundsätzlich, bezeichnet das gesamte Verfahren jedoch weiterhin als «bildungspolitischen Unsinn». Laut GEW-Landesvorsitzender Monika Stein würden die Tests Kinder unter Druck setzen und wenig Nutzen bringen. Erste Rückmeldungen aus diesem Jahr deuten jedoch darauf hin, dass die Deutsch-Aufgaben von den Kindern bewältigt werden konnten.
Das Institut für Bildungsanalysen (IBBW) hat den diesjährigen Test neu aufgebaut und erstmals vorab getestet. 2.700 Schülerinnen und Schüler an 57 Grundschulen probierten die Aufgaben bereits im vergangenen Schuljahr aus. Auch die verfügbare Arbeitszeit wurde vorab erprobt.
Bei der Gestaltung der Aufgaben wurde darauf geachtet, dass Teilaufgaben getrennt voneinander lösbar sind und pro Aufgabe nur eine Kompetenz abgefragt wird. Zudem sollen auch leistungsschwächere Kinder Chancen auf lösbare Aufgaben haben. Rund die Hälfte der Fragen liegt auf grundlegendem Niveau, jeweils ein Viertel auf mittlerem und erweitertem Niveau.
Auch organisatorisch gibt es Neuerungen: Die Schulen müssen nicht mehr zwingend um 9.00 Uhr starten. Stattdessen kann der Test zwischen 8.30 Uhr und 9.30 Uhr beginnen, um Unruhe durch ungewohnte Startzeiten zu vermeiden und den Eindruck eines „landesweiten Grundschulabiturs“ zu verhindern.
Ministerpräsident Kretschmann riet allen Kindern zur Ruhe. Der Kompass 4 solle nicht aussieben, sondern als zusätzliche Chance dienen – ergänzend zur Empfehlung der Lehrkräfte und zum Potenzialtest.