Landtag entscheidet über Bildungsreformen in Baden-Württemberg - Das ändert sich

29. Januar 2025 , 04:43 Uhr
Eigentlich hatte Grün-Schwarz keine größeren Änderungen am Schulsystem geplant. Doch unter Druck von Eltern einigte sich die Koalition auf die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium.

Größere Reform erzwungen

Auch bei den anderen Schularten sind Änderungen geplant. Unter anderem soll massiv in Sprachförderung investiert werden. Nun sind die neuen Regeln auf der Zielgeraden: Am Mittwochnachmittag will der Landtag die dafür nötigen Anpassungen im Schulgesetz beschließen. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ändert sich in den Kitas?

Mit dem Gesetz bringt das Land ein millionenschweres Paket zur Sprachförderung an Kitas und Grundschulen auf den Weg. Dafür investiert Grün-Schwarz in den kommenden beiden Jahren 200 Millionen Euro, hinzu sollen noch 60 Millionen vom Bund kommen. Kinder, die bei der Schuleingangsuntersuchung noch sprachliche Probleme haben, sollen noch vor der Einschulung ein intensives Sprachtraining mit vier Stunden pro Woche bekommen.

Sprechen die Kinder danach noch immer nicht ausreichend Deutsch, um eine Grundschule besuchen zu können, sollen sie ab dem Schuljahr 2026/2027 in sogenannten Juniorklassen gefördert werden. Bis zu Schuljahr 2028/2029 sollen dem Gesetzentwurf zufolge dafür landesweit 832 Standorte geschaffen werden. Dann wird die Sprachförderung laut Landesregierung auch verbindlich.

Wie sieht die neue Grundschulempfehlung aus?

Seit 2013 konnten allein die Eltern entscheiden, auf welche weiterführende Schule ihr Kind nach dem Ende der Grundschulzeit gehen soll. Für die derzeitigen Viertklässler soll die Grundschulempfehlung nun wieder verbindlicher werden.

An Stelle des reinen Elternwillens steht künftig ein Modell aus drei Komponenten: Lehrerempfehlung, Leistungstest und Elternwunsch. Stimmen zwei aus drei überein, soll das den Ausschlag geben. Wollen die Eltern ihr Kind dennoch aufs Gymnasium schicken, soll das Kind künftig einen weiteren Test absolvieren. Verbindlich ist die Empfehlung allerdings nur für das Gymnasium.

Warum gibt es um die Neuregelung der Grundschulempfehlung Streit?

Die Kritik entzündete sich am Ende des Jahres erstmals durchgeführten neuen Leistungstest «Kompass 4». Die Lehrergewerkschaft GEW monierte etwa, dass die Fragen im Bereich Mathematik zu schwer gewesen seien. Auch Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) und Ministerpräsident Kretschmann hatten dieser Einschätzung zugestimmt und eine Überarbeitung der Fragen für das kommende Schuljahr angekündigt. Erste Auswertungen des Tests hatten laut Kultusministerium ergeben, dass nur 6 Prozent der Viertklässler in Mathe das Niveau für eine Gymnasialempfehlung erreicht hätten und nur rund 8 Prozent das mittlere Niveau. 86 Prozent der Viertklässler erreichte demnach in Mathe nur eine Empfehlung für das grundlegende Niveau. In Deutsch fiel der Test demnach besser aus.

Was ändert sich bei den Gymnasien?

Dort soll nach dem Willen der Landesregierung wieder das Abitur nach neun Schuljahren zum Standard werden, zunächst beginnend mit den Klassen fünf und sechs zum Beginn des kommenden Schuljahres. Derzeit ist das achtjährige Gymnasium Standard in Baden-Württemberg.

Wie sieht das neue G9 inhaltlich aus?

Das neunjährige Gymnasium soll neben der Verlängerung um ein Jahr auch zeitgemäß ausgestaltet werden. Das Konzept der Kultusministerin sieht etwa eine Stärkung der naturwissenschaftlichen Fächer vor. Kompetenzen im Bereich Informatik, Künstliche Intelligenz und Medienbildung sollen Schüler künftig in einem eigenen Schulfach erlernen, das von Klasse 5 bis Klasse 11 durchgehend unterrichtet werden soll.

Zudem soll das neue neunjährige Gymnasium mehr berufliche Orientierung, mehr Demokratiebildung und auch einen stärkeren Fokus auf die Basiskompetenzen bekommen. Konkret sollen etwa in der fünften und sechsten Klasse die Fächer Deutsch und Mathematik gestärkt werden.

Was ändert sich bei Werkrealschulen, Realschulen und Gemeinschaftsschulen?

Mit dem neuen Schulgesetz will Grün-Schwarz den Werkrealschulabschluss abschaffen. Der letzte Jahrgang, der diesen noch ablegen können soll, hat bereits zum laufenden Schuljahr begonnen. Bestehende Werkrealschulen sollen aber als Standorte erhalten bleiben und entweder Verbünde mit Realschulen oder Gemeinschaftsschulen eingehen oder als Hauptschulen weitermachen.

An den Realschulen soll die sogenannte Orientierungsphase verkürzt werden. Diese umfasst derzeit die fünfte und sechste Klasse und soll künftig nur ein Schuljahr dauern. In dem einen Schuljahr lernen alle Kinder auf dem mittleren Niveau. Nach dem Jahr wird dann geschaut, wer künftig auf diesem Niveau weiterlernt und den Realschulabschluss anstrebt und wer künftig auf grundlegendem Niveau unterrichtet und auf den Hauptschulabschluss vorbereitet wird. Die Gemeinschaftsschulen sollen mit dem Reformpaket künftig zwei Wochenstunden pro Zug für individuelle Coachings zugewiesen bekommen.

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