Karlsruhe (lk) – Jeden Sonntag trifft Martin Wacker prominente Persönlichkeiten aus der Region. Diesmal war der Ärztliche Direktor der Max-Grund-Klinik in Bühl Professor Dr. med. Curt Diehm zu Gast. Diehm hat Humanmedizin an den Universitäten in Heidelberg, Genf und Paris studiert. Nach seiner Doktorarbeit war Diehm wissenschaftlicher Angestellter und Assistentsarzt der medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. Von 1991 bis 2014 Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Klinikum Karlsbad Langensteinbach. Seit 2014 ist er Ärztlicher Direktor der Max Grundig Klinik in Bühl. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachbüchern und Patientenbüchern.
Curt Diehm fühlt sich wohl im Schwarzwald. Sein Arbeitsplatz an der Max-Grundig-Klinik auf der Bühlerhöhe stehe schon alleine durch die Lage für Ruhe und Entschleunigung. „Das ist ein heiliger Platz, an dem man wirklich gesund werden kann“, so Diehm. Dort beschäftigt er sich mit außergewöhnlichen Therapie, wie dem Waldbaden aus Japan. „Wald kann therapeutisch hochgradig wirksam sein.“ Wer einen Baum umarme, dessen Blutdruck sinke nachweisbar, so der Ärztliche Leiter. Zahlreiche Führungskräfte wenden sich hilfesuchend an ihn, um Alltagsstress und Leistungsdruck zu senken. „Wir haben viele Manager und Geschäftsführer in der Betreuung. Menschen, die mit psychosomatischen Belastungen zu uns kommen, wie Angststörungen oder Depressionen. Ich bin kein Arzt, der Vorschriften macht oder fordert, unliebsame Eigenschaften komplett einzustellen. Aber ich fordere beim Trinken oder Rauchen eine gewisse Achtsamkeit.“ Allerdings brauche es auch Genuss. Gegen etwas dunkle Schokolade und dazu ein Glas Wein sei daher nichts einzuwenden, das wirke sogar noch gesund.
Kunst und Musik sind für Diehm ebenso wichtige Therapiebestandteile. Daher rät der Arzt auch in diesen Bereichen zum Genuss: „Das praktiziere ich für mich persönlich. Eines meiner großen Hobbies ist seit über 35 Jahren das Sammeln von regionaler Kunst. In der Klinik haben wir jeden Mittag ein Klavierkonzert mit unterschiedlichen Pianisten und wechselnde Kunstausstellungen. Wir wollen auf Musik und Kunst nicht verzichten.“ Mit diesem ganzheitlichen Ansatz solle die Klinik belebt und spannend gemacht werden. Neben medizinischen Ansätzen verfolgt Diehm auch natürliche Ansätze. Beispielsweise um die Abwehrkräfte zu stärken: „Eine optimale Ernährung kann dabei hilfreich sein. Am Tag sollten fünf Portionen Obst und Gemüse gegessen werden. Es kann zusätzlich Vitamin C, Vitamin D oder Zink zugeführt werden. Allerdings brauchen Sie diese Vitaminergänzungen bei einer optimalen und ausgewogenen Ernährung nicht.“ Weihrauch, Ingwer und Kurkuma könnten bei rheumatischen Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Gegen Schlafstörungen würden Malen, Gartenarbeit, Ausdauersport oder Autogenes Training helfen.
Diehm ist neben seiner Tätigkeit als Arzt immer wieder als Autor aktiv. Neben Kolumnen schreibt er Bücher und Fachliteratur. Eines seiner Themen, über die er geschrieben hat, waren sogenannte Blaue Zonen. Das sind Regionen der Welt, in denen Menschen viel länger leben, als der Durchschnitt. Bei uns in Europa gibt es solch eine Blaue Zone in Italien. „Im Bereich Cilento in Süditalien gibt es die meisten Hundertjährigen in ganz Europa. Das liegt eindeutig an der Mittelmeer-Kost. Dazu gehört viel Obst und Gemüse sowie Nüsse. Aber auch Wein – egal ob weiß oder rot. Und gesunde Fette und viel Olivenöl.“ Ein hoher Konsum an Gemüse könne extrem langlebige Menschen hervorbringen, so Diehm. Beim Wein müsse natürlich auf die Menge geachtet werden. Ein bis zwei Viertel Wein am Tag seien mit Sicherheit gesund. Für Frauen gelte jedoch nur die Hälfte der Menge. „Allerdings muss man da auch vorsichtig sein. Denn Wein verursacht linear auch eine Zunahme der Krebsfälle“, warnt der Mediziner.
Der Arzt kann sogar der Corona-Pandemie etwas Positives abgewinnen. Er sieht zahlreiche Vorteile, wie den immensen Fortschritt im medizinischen Bereich oder in der Digitalisierung. „Wir haben im ambulanten und stationären Bereich erhebliche Fortschritte gemacht, was digitale Kompetenz angeht. Oder im Bereich elektronische Akten- oder Patientenführung.“ Auch beim Maskentragen seien die Menschen in Deutschland disziplinierter geworden. Was in Japan seit Jahren selbstverständlich sei, habe in diesem Winter die gesamte Grippewelle verhindert. Kinder dürften jedoch nicht dauerhaft Maske tragen. Sie müssten regelrecht im Dreck spielen, um eine Immunologie zu entwickeln. Diehm sieht jedoch auch negative Seiten durch Corona: „Die Kollateralschäden vor allem im Kinderbereich sind immens. Ein Aussperren der Kinder aus der Schule kann eine Katastrophe darstellen.“ Auch für alte Mitbürger sei das Eingesperrt sein fatal. „Man muss natürlich gewährleisten, dass Kinder ihre Großeltern in den Heimen besuchen können. Da setzt meine Kritik massiv an.“
Für den Arzt gibt es aber Methoden, um dem Corona-Blues und der schlechten Laune zu entfliehen. „Am wichtigsten ist es, dass Sie einen gesunden Lebensstil an den Tag legen.“ Viele Menschen seien aktuell im Homeoffice. Auch dort sollte es ein Tagesprogramm geben, gesunde Rituale, feste Einheiten mit Bewegung und Sport. „Am besten eignet sich dabei Ausdauersport, wie Fahrradfahren oder Laufen. Außerdem sollten Sie versuchen, nicht zu sehr an Gewicht zuzulegen.“ Risikofaktoren wie Rauchen oder Trinken sollten Sie in den Griff bekommen. „Hilfreich ist es, nicht den ganzen Tag den Trainingsanzug anzuhaben und maximal obenrum das Jackett für die Videokonferenz. Sondern sich ganz bewusst auch zu Hause mal vornehm anziehen“, rät der Fachmann. Mit normalen Abläufe und Rituale könnten Alltag und Psyche stabilisiert werden. Das helfe, gesund zu bleiben. Ein halbwegs normales Leben sieht der Mediziner jedoch erst wieder in etwa acht bis zwölf Monaten. „Man muss wissen, dass es die Viren schon immer gab und auch immer geben wird. Und die Viren mutieren gegen die Impfstoffe. Trotzdem sollte die Lebensqualität so hoch wie möglich gehalten werden. Angst ist kein guter Ratgeber.“