Baden-Württemberg (pm/dk) – Für viele Familien in Baden-Württemberg wird der Kita-Platz zunehmend zum Luxus. In manchen Städten müssen Eltern inzwischen über 800 Euro im Monat zahlen – für einen Ganztagesplatz sogar über 1.000 Euro. Dabei hängt der Preis oft von der Postleitzahl ab: Jede Kommune legt die Gebühren selbst fest, was zu großen Unterschieden führt.
„Wir klauen uns durch diese hohen Beiträge auch die Fachkräfte“, warnt Anna Radermacher, Sprecherin des Landeselternbeirats für Kindertagesbetreuung (LEBK). Viele Eltern – vor allem Mütter – könnten sich die Betreuung kaum noch leisten und blieben deshalb zu Hause. Die finanziellen Belastungen sorgten dafür, dass das zweite Einkommen in vielen Familien vollständig für die Kinderbetreuung aufgebraucht werde.
In Stuttgart könnte ein Vollzeit-Krippenplatz bald über 800 Euro kosten. Auch in Karlsruhe steht eine mögliche Streichung des Geschwisterbonus im Raum, während in Friedrichshafen die Unterstützung durch die ZF-Stiftung zurückgefahren wird. Das Ergebnis: steigende Gebühren in vielen Städten des Landes.
Warum die Unterschiede so groß sind, liegt an der Gesetzeslage: Jede Kommune darf die Höhe der Gebühren selbst bestimmen. Zwar gibt es einen Landesrichtsatz, der empfiehlt, Eltern mit maximal 20 Prozent der Gesamtkosten zu belasten – doch verbindlich ist dieser nicht. Ob Verpflegung, längere Öffnungszeiten oder Personal in die Berechnung einfließen, bleibt den Gemeinden überlassen.
Ein Antrag der SPD auf gebührenfreie Kitas scheiterte zuletzt im Landtag. Die grün-schwarze Landesregierung verweist auf die Verantwortung der Kommunen. SPD-Landeschef Andreas Stoch kritisierte: „Es ist nicht schwer, die Kita-Gebühren abzuschaffen – es ist nur eine Frage des politischen Willens.“
Der Landeselternbeirat sieht dringenden Handlungsbedarf. Baden-Württemberg liege bei der U3-Betreuung bundesweit auf dem letzten Platz – nur rund 30 Prozent der Kinder unter drei Jahren hätten einen Betreuungsplatz. In einer aktuellen Stellungnahme fordert der LEBK ein landesweites Sofortprogramm: Das Land solle angekündigte Beitragserhöhungen abfangen – rund 60 Millionen Euro wären dafür nötig.
„Gebührenfreiheit ist kein Luxus, sondern eine Frage der Generationengerechtigkeit“, heißt es in der Stellungnahme. Außerdem müsse die Kita-Finanzierung schrittweise von den Kommunen auf das Land übergehen, ähnlich wie im Schulsystem.
Das Kultusministerium betont, dass Baden-Württemberg bereits massiv in frühkindliche Bildung investiere. 2025 sollen rund 1,45 Milliarden Euro in die Betriebskostenförderung fließen, zusätzlich 926 Millionen Euro zur Entlastung der Kommunen.
Wissenschaftlich ist der Nutzen belegt: Frühkindliche Bildung zahlt sich aus – mit besserer Chancengleichheit, geringeren Folgekosten und einer stärkeren Wirtschaft. Trotzdem bleibt die Sorge vieler Eltern: Dass Bildung im frühesten Alter zunehmend zur Kostenfrage wird.