Region (dpa/mö) – 2022 war ein neues Rekordjahr für die Kirchen im Südwesten, allerdings im negativen Sinne, denn immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus. Allein die Karlsruher Standesämter und die Ortsverwaltung Durlach konnten insgesamt 3479 Kirchenaustritte verzeichnen. Auch in anderen Städten in der Region sieht es nicht anders aus. Die Mitgliedschaften sinken und die Kirchenaustritte steigen im Vergleich zu den Vorjahren extrem. Daniel Meier von der Badischen Landeskirche erklärt den Rückgang mit der nicht mehr vorhandenen Verbundenheit zur Kirche. „Die Menschen fühlen sich Vereinen und Institutionen nicht mehr so nahe, wie sie es mal getan haben“. Es zeigt sich auch, dass bei Dokumentation der Konfession, die Austritte aus der katholischen Kirche deutlich höher sind, als aus der Evangelischen.
Während es in 2021 noch 2887 Kirchenaustritte waren, dokumentierten die Karlsruher Standesämter und die Ortsverwaltung Durlach im Jahr 2022 insgesamt 3479 Austritte. Bühl konnte mit einer Zahl von 419 2022 als Rekord Jahr festgelegen. Die Entwicklung seit 2018 zeigt, dass die Tendenz deutlich nach oben geht. In diesem Jahr waren es noch 195 und zwei Jahre später sogar schon 302 Kirchenaustritte.
Die Kurstadt Baden-Baden konnte im vergangenen Jahr insgesamt 552 Kirchenaustritte vorweisen. Davon waren 388 römisch-katholisch und 158 evangelisch. Weitere sechs Austritte kamen aus sonstigen Kirchen. Zusammengenommen waren das knapp 50 mehr als in 2021 und deutlich mehr als das doppelte in 2010.
In der Pfalz sind in Landau in 2022 889 Mitglieder ausgetreten. Während es in 2021 auch schon 639 Austritte waren, konnten in 2020 nur 414 notiert werden.
871 Kirchenaustritte konnte Pforzheim zum Ende des Jahres melden. Zwei Jahre zuvor waren es 529 und im Vor-Corona-Jahr wurden 640 Kirchenaustritte registriert.
Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur vermerkte die Zahlen in den größeren Städten in Deutschland. Mehrere Zehntausend kehrten ihrer Kirche den Rücken zu. Bayerns Hauptstadt München zeichnete bis zum 15. Dezember 2022 insgesamt 26008 Austritte aus. So konnte die Zahl von 2021 um 4000 erhöht werden. Nach Angaben einer Sprecherin der Zivilgerichte traten in den erst drei Quartalen letzten Jahres 18018 Menschen aus der Kirche aus. Genauso wie in München waren es rund 4000 mehr als im vorherigen Jahr. Ähnliche Tendenzen meldeten auch Städte in Niedersachsen, Sachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Aber was ist eigentlich der Grund für die vielen Austritte? „Also ich denke, das ist ein gesamt gesellschaftliches Phänomen, das sich Menschen, Vereinen und Institutionen nicht mehr so verbunden fühlen wie damals. Früher gehörte es eben dazu, in der Kirche Mitglied zu sein. Die Änderung ist uns bewusst, weshalb wir e uns zur Aufgabe machen, gerade jungen Menschen die Relevanz von Glaube und Kirche klar zu machen.“, so erklärt es sich Daniel Meier. Weitere Gründe sind finanzielle Engpässe sowie die Kirchenskandale der letzten Jahre.
Mit diesen Zahlen droht ein neuer Negativrekord. Dabei hatten 2021 schon 359 338 Katholiken ihrer Kirche den Rücken gekehrt – so viele wie noch nie. Die evangelische Kirche zählte Ende 2021 noch 19,725 Millionen Mitglieder in Deutschland – ein Rückgang von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Schuld daran vor allem: 280 000 Kirchenaustritte.