Im Herbst drohen weitere Ärzteproteste im Südwesten

26. August 2023 , 12:30 Uhr

Ärzte und Ärztinnen in Baden-Württemberg planen in den nächsten Monaten weitere Protestaktionen. «Die Praxen stehen vor einem Kollaps», sagte Norbert Smetak, der Vorsitzender des Medi-Verbunds in Stuttgart. Viele seien auch bereit, ihre Praxen für mehrere Tage zu schließen. Der Verbund vertritt nach eigenen Angaben rund 5000 niedergelassene Mediziner und Medizinerinnen.

Immer weniger Fachpersonal in den Praxen

Smetak sagte, es brodele an der Basis. «Das medizinische Fachpersonal läuft weg, weil es an den Kliniken besser bezahlt wird.» Die Praxen könnten die gestiegenen Kosten nicht über höhere Preise ausgleichen, sondern müssten sie aus der eigenen Tasche bezahlen. «Einnahmen und Ausgaben klaffen immer weiter auseinander.» Vor allem kleine Praxen stünden zunehmend unter wirtschaftlichem Druck.

Honorarverhandlungen laufen bereits

Aktuell laufen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Honorarverhandlungen. Die KBV forderte im Vorfeld eine Erhöhung der relevanten Vergütung von knapp 10,2 Prozent. «Wir brauchen mindestens einen Inflationsausgleich. Aber so wie es aussieht, wird es nur eine minimale Erhöhung der Vergütung geben», sagte der Medi-Chef weiter.

Zu viel Bürokratie und mangelnde Digitalisierung

Smetak kritisierte unter anderem überbordende Bürokratie und ineffiziente Digitalisierung, die in den Praxen für viel Arbeit sorge. «Es kann nicht sein, dass uns immer wieder Sanktionen und Bußgelder angedroht werden, obwohl digitale Anwendungen nicht zuverlässig funktionieren und bisher keinen Mehrwert für die Versorgung mit sich bringen.»

Ärztemangel steigt weiter an

Der Medi-Chef sieht nicht nur die Versorgung mit Hausärztinnen und -ärzten gefährdet, sondern auch bei der Fachärzteschaft. «Immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte lassen sich nieder», warnte er. Der KV-Vorsitzende von Baden-Württemberg, Karsten Braun, sagte, für junge Medizinerinnen und Mediziner werde die ambulante Versorgung zunehmend unattraktiv. «Allein in Baden-Württemberg hat sich Zahl der freien Arztsitze innerhalb von wenigen Jahren mehr als verdoppelt: 2015 gab es 465 freie Arztsitze, aktuell sind es 1090.» In den Zeiten des Ärztemangels sei man eigentlich froh um jeden, der versorgt; Fallzahlbegrenzungen und Budgets wirkten sich aber leistungsfeindlich aus. Im Südwesten gibt es insgesamt 16.000 zugelassene Ärzte und Psychotherapeuten, davon 5250 Hausärzte, 6605 Fachärzte und Psychotherapeuten.

Anzeige
Ärzte Kliniken Praxen Streik

Das könnte Dich auch interessieren

14.11.2025 Klimastreiks am 14. November – Karlsruhe, Pforzheim und Landau rufen zu Aktionen auf Region (pm/dk) – Aus Anlass der Weltklimakonferenz in Belém (Brasilien) ruft Fridays for Future am Freitag, 14. November, weltweit zu Klimastreiks auf. Auch in Karlsruhe, Pforzheim und Landau werden Aktionen stattfinden – jede Stadt setzt dabei eigene Schwerpunkte. 18.10.2025 Mehr Corona-Kranke im Land: Warum Ärzte nicht besorgt sind Region (dpa/jal) – Mit Beginn der kälteren Jahreszeit ist die Zahl der Corona-Infektionen in Baden-Württemberg deutlich nach oben geschnellt. «In Baden-Württemberg beobachten wir in den vergangenen drei Monaten einen saisontypischen Anstieg akuter Atemwegserkrankungen, einschließlich Covid-19», teilten das Landesgesundheitsamt und das Gesundheitsministerium mit. Auch die Zahl der Erkältungen und der Grippekranken habe zuletzt wieder zugelegt. Baden-Württemberg schnieft und 06.03.2025 Warnstreiks in Kliniken im Südwesten Stuttgart (dpa/tk) - In rund 20 Kliniken im Südwesten ruft die Gewerkschaft Verdi im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes zu Warnstreiks auf. Kranke und Pflegebedürftige müssen sich auf Einschränkungen einstellen. 27.02.2025 Wieder Warnstreik bei der Deutsche Post Region (pm/tk) - Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Post erhöht die Verdi den Druck. Nach dem Streik am Mittwoch in Paketzentren sind für heute die Zusteller zum Arbeitskampf aufgerufen.