Region (pm/dk) – Heftige Regenfälle, hohe Flusspegel und schwere Überschwemmungen: Der Südwesten gehört zu den am stärksten bedrohten Regionen Deutschlands, wenn es um Hochwasser geht. Doch ein Team vom KIT in Karlsruhe möchte jetzt etwas dagegen tun!
Die Gefahr von Hochwasserereignissen im Südwesten wächst deutlich – und das mit immer kürzeren Abständen. Sabrina Schulz von der Deutschen Umwelthilfe erklärt: „Es ist tatsächlich so, dass Extremwetter inzwischen tendenziell stärker ausfallen und auch häufiger auftreten. Das liegt daran, dass die Klimakrise dazu führt, dass wir sehr viel wärmere Luft haben und diese mehr Wasser speichert.“ Meteorologen gingen heute schon davon aus, dass in einer drei Grad wärmeren Welt alle zwei bis drei Jahre irgendwo in Deutschland ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser droht.
Besonders betroffen sei Baden-Württemberg. „Es ist tatsächlich so, dass in Baden-Württemberg wir ein extrem hohes Risiko für katastrophale Schäden durch ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser sehen“, so Schulz. Rund 55.000 Wohnadressen seien potenziell direkt gefährdet – vor allem entlang der großen Flüsse wie Rhein, Neckar, Main und Donau.
Die steigende Gefahr hat mehrere Gründe. Zum einen fällt mehr Wasser in kürzerer Zeit. Zum anderen fließt dieses Wasser immer schneller ab, weil natürliche Rückhalteräume fehlen. „Wir haben über die Jahrhunderte eigentlich auch immer mit guten Absichten die Landschaft komplett umgebaut“, erklärt Schulz. Dazu zählen verrohrte Bäche, begradigte Flüsse und entwässerte Ackerflächen. „Aus all diesen stark veränderten Ökosystemen fließt heute das Wasser sehr, sehr schnell ins Tal.“ Hinzu kommt, dass viele Orte in Überschwemmungsgebieten gebaut sind – was das Schadenspotenzial massiv erhöht.
Die Umwelthilfe fordert ein Umdenken: „Wir müssen ganz stark in den dezentralen Rückhalt, in die Ökosysteme, wieder in unsere Lebensversicherung integrieren. Die kleinen Quellmoore, die Wiesen, aber auch die Auen den Flüssen wieder zurückgeben.“ Gleichzeitig brauche es konsequenten Klimaschutz und Unterstützung der Kommunen bei Maßnahmen gegen Versiegelung und für eine bessere Speicherung von Wasser im Boden. Nur so lasse sich die Landschaft wieder in eine „Schwammlandschaft“ verwandeln, die Wasser aufnehmen und Hochwasserspitzen abfedern kann.
Neben dem Umbau der Landschaft setzen Forschende auf technologische Innovationen. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeitet im Projekt KI-HopE-De daran, mithilfe Künstlicher Intelligenz Hochwasser in kleinen Flusseinzugsgebieten besser vorhersagen zu können.
„Unser Hauptziel ist es daher, das erste nationale, probabilistische Hochwasservorhersagemodell zu entwickeln, das eine konsistente und zuverlässige Vorhersage für das gesamte Bundesgebiet ermöglicht“, sagt Projektleiter Dr. Ralf Loritz. Mit einem großen, öffentlich zugänglichen Datensatz sollen KI-Modelle trainiert werden, die kurzfristige Vorhersagen von bis zu 48 Stunden ermöglichen. Diese Ansätze könnten physikalisch basierten Modellen, die bisher im Einsatz sind, teilweise überlegen sein.
Professor Peter Knippertz vom KIT betont den Nutzen für den Praxiseinsatz: „Wir schaffen eine innovative, prototypische Plattform, die potenziell von allen Hochwasservorhersagezentren in Deutschland übernommen werden könnte.“ Damit sollen Menschen künftig früher und zuverlässiger vor gefährlichen Fluten gewarnt werden.
Laut Loritz funktioniere die Hochwasser-Vorhersage rund um große Flüsse schon recht gut. Die KI-basierte Warnung könne aber vor allem für kleinere Gebiete von Vorteil sein. Dort herrscht aktuell noch eine große Unsicherheit bei der Vorhersage, die KI könne mit diesen Unsicherheiten aber gut umgehen.
Erst im vergangenen Jahr gab es rund um Bruchsal ein starkes Unwetter. Auch hier war es ein kleiner Bach, der plötzlich zum reißenden Fluss wurde. Laut Loritz, könne die KI das natürlich nicht verändern, aber „wir könnten eine bessere Warnung ausgeben. Da geht es auch wirklich um Stunden – also ob die Warnung sechs Stunden oder 12 Stunden vorher da ist. Ich denke da ist das Verbesserungspotenzial!“