Mehr als nur eine Ratte:

Gewerkschafter prangert Zustände im Karlsruher Polizeirevier an

29. Oktober 2025 , 11:00 Uhr

Karlsruhe (dk) – Nach dem Rattenfund im Karlsruher Polizeirevier wird deutlich: Das Problem liegt tiefer. Der Vorfall steht sinnbildlich für den Zustand vieler Polizeigebäude im Land – das sagt Gewerkschafter Uli Jäck, der seit Jahren auf Missstände aufmerksam macht.

„Die Ratte ist das Symbol eines Zustands“

„Überrascht war ich sicherlich nicht“, sagt Jäck. „Die Ratte ist jetzt natürlich das Symbol eines Zustands, sage ich mal, was jetzt öffentlichkeitswirksam Aufmerksamkeit erregt hat.“ Wer die Geschichte des Reviers kenne, wisse, dass es dort schon lange Probleme gebe – und nicht nur dort. „Egal ob am Revier Marktplatz, in der Beiertheimer Allee oder im Autobahnrevier – insbesondere die sanitären Einrichtungen sind in einem schlechten, teilweise maroden Zustand.“ Fenster ließen sich teilweise seit Jahren nicht öffnen, manche Gebäude seien energetisch veraltet. „Der Investitionsstau in der polizeilichen Infrastruktur ist riesig. Wenn man das weiß, überrascht es nicht, dass dann auch mal eine Ratte durch die Küche läuft.“

Sanierungen seit Jahren verschleppt

Jäck erinnert daran, dass Sanierungen am Revier Marktplatz bereits seit mehr als einem Jahrzehnt Thema seien. „Nach 2012 war das schon angedacht, das Dach wurde dann mal gemacht, als es gar nicht mehr ging“, sagt er. Über Jahre habe es Diskussionen um Barrierefreiheit gegeben – Rollstuhlfahrer seien regelmäßig Treppen hinaufgetragen worden, weil der Aufzug nicht fertiggestellt wurde. „Während des Tunnelbaus stand dann alles unter Wasser, später kam braunes Wasser aus den Leitungen. Die Kolleginnen und Kollegen machen einen Top-Job und leben mit diesen Bedingungen.“

Der Gewerkschafter erklärt, dass die Polizei am Marktplatz eigentlich ausziehen und das Gebäude generalsaniert werden sollte. Doch auch das verzögere sich erneut. „Angedacht war, dass die Marktplatzler komplett ausziehen in die Beiertheimer Allee. Aber dort hat man festgestellt, dass es mit dem Brandschutz so schlimm aussieht, dass nachgerüstet werden muss. Meine Erfahrung sagt mir: Das dauert eher zwei bis drei Jahre als zwei bis drei Monate.“

Innenministerium verweist auf zahlreiche Bauprojekte

Das Innenministerium Baden-Württemberg betont, man nehme den Sanierungsbedarf sehr ernst und setze sich „beim zuständigen Finanzministerium dafür ein, dass die Gebäude der Polizei fortlaufend renoviert werden“. In Karlsruhe habe das Land erst kürzlich 26 Millionen Euro in die Generalsanierung des Polizeipräsidiums in der Durlacher Allee investiert.

Darüber hinaus verweist das Ministerium auf zahlreiche Neubau- und Sanierungsvorhaben in ganz Baden-Württemberg, etwa in Bretten, Heilbronn, Kehl, Bad Säckingen, Pfullingen und Rottenburg. Zu konkreten Fragen rund um das Polizeirevier am Marktplatz wollte sich das Innenministerium jedoch nicht äußern,

Stadt Karlsruhe: Kein erhöhtes Rattenaufkommen am Marktplatz

Die Stadt Karlsruhe sieht derweil kein grundsätzliches Rattenproblem am Marktplatz. „Im Bereich des Marktplatzes gab es bisher keine nennenswerten Bürgermeldungen zu Rattensichtungen“, so ein Sprecher. Der Platz biete weder geeignete Rückzugsorte noch genügend Nahrungsquellen für die Tiere. Auch ein Einfluss der U-Strab auf die Rattenpopulation sei nicht erkennbar.

Vorsorglich würden im Stadtbahntunnel jedoch Rattenfallen an verschiedenen Stellen aufgestellt – etwa in Reinigungsräumen, Tunneleingängen oder Kabelkellern. Durch ein konsequentes Reinigungskonzept werde zudem verhindert, dass Müll liegen bleibe und Tiere anlocke.

Zwischen Anspruch und Realität

Für Uli Jäck bleibt die Diskussion ein notwendiger Weckruf: „Ich persönlich bin froh, dass das Thema mal Öffentlichkeit erreicht hat. Denn die Polizei arbeitet vielerorts unter Bedingungen, die mit modernen Arbeitsbedingungen nichts und mit Arbeitsschutz nur sehr wenig zu tun haben. Die Ratte war das Symbol – aber das Thema muss endlich großflächig angegangen werden.“

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