Karlsruhe (dpa/lk) – Die Stadt Karlsruhe macht auch künftig ihrem Ruf als Fahrradstadt alle Ehre: Die Verkehrswissenschaftlerin Angela Francke übernimmt zum März die neue Stiftungsprofessur für Radverkehr an der Hochschule Karlsruhe.
In Baden-Württemberg ist es die einzige von bundesweit sieben durch das Bundesverkehrsministerium mit jährlich bis zu 400.000 Euro geförderten Professuren für den Radverkehr. Sie baut auf den bestehenden Studiengang Verkehrssystemmanagement auf. Radverkehr studieren können Bachelor-Absolventen unterschiedlichster Disziplinen. „Wir werden hier in den kommenden Jahren ein Angebot schaffen, das für verschiedene Bachelor-Abschlüsse offen steht“, so Angela Francke. Angepeilt sind etwa 15 Masterstudierende pro Jahr. Ziel ist es nach Angaben der Hochschule, die Interessen von Radfahrern in einem nachhaltigen Mobilitätsmix zu berücksichtigen – von der Infrastrukturplanung bis zur fahrradfreundlichen Gesetzgebung.
Francke war in den vergangenen Jahren in ihrer Heimatstadt als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Verkehrspsychologie der Technischen Universität Dresden tätig. Sie forschte der Mitteilung zufolge unter anderem zum ganzjährigen Fahrradfahren, zu einer deutschen Radfahr-Typologisierung und zum Mobilitätsverhalten von Menschen mit Migrationserfahrung. Wichtig sei ihr die Frage, „wie das Fahrrad im Zusammenspiel mit allen anderen Verkehrsteilnehmenden das Verkehrsmittel der ersten Wahl werden kann“, sagte Francke. Seit ihrer Jugend habe sie historische Räder gesammelt und interessiere sich für die technische und kulturelle Geschichte des Fahrrads.
Franz Quint, Prorektor für Forschung, Kooperationen und Qualitätsmanagement an der Hochschule Karlsruhe, erklärte: „Mit der Besetzung der Professur können wir die Vorreiterrolle der Hochschule in Sachen nachhaltige Mobilität über die Landesgrenzen von Baden-Württemberg hinaus weiter ausbauen.“ Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte über Francke: „Wer bei ihr studiert hat, kann sein Know-how dann gezielt in den Städten und Kommunen einsetzen, um den Radverkehr in Deutschland voranzubringen und besser zu machen. Das ist Expertise, die direkt bei den Bürgern ankommt.“
In der Corona-Pandemie sind viele auf das Fahrrad umgestiegen – den Schwung will Angela Francke nutzen, um den Radverkehr im Land voranzubringen. Die 41-Jährige sieht in den guten Erfahrungen, die mit dem kostengünstigen und umweltfreundlichen Verkehrsmittel im Lockdown gemacht wurden, ein großes Potenzial. Doch auch unabhängig von Corona steigt die Zahl der Radfahrer. „Dafür brauchen wir eine zusammenhängende und mitwachsende Infrastruktur“, sagte die Verkehrswissenschaftlerin der dpa anlässlich ihres Amtsantritts am 1. März.
Nach dem aktuellen ADAC-Monitor rangiert Karlsruhe aus Sicht von Fahrradfahrern auf Platz zwei hinter Münster. Karlsruhe gilt aber nicht nur aufgrund der Menge an Fahrrädern oder der Diskussion um nachhaltige Mobilität als Fahrradstadt. Bereits vor mehr als 200 Jahren hat der gebürtige Karlsruher Karl Drais den Vorläufer des Drahtesels erfunden. Der Ingenieur konstruierte 1817 ein Zweirad in Form einer Laufmaschine und nannte diese Draisine. Die Draisine gilt heute als eines der ersten Fahrzeugs des mechanisierten Individualverkehrs ohne Pferd. Karl Drais genießt bis heute ein hohes Ansehen in der Fächerstadt. Anlässlich seines 225. Geburtstags im Jahr 2010 gab es in Karlsruhe eine Ausstellung im Stadtmuseum, ein Rad- und Draisinenrennen, die Velocipediade in der Europahalle sowie die bundesweite Fahrradkommunalkonferenz.