Stuttgart (dpa/bo) – Diesmal läuft alles anders bei der Landtagswahl: Keine Tuchfühlung mit Wählern, kein Händeschütteln in der Fußgängerzone, keine Reden auf den Marktplätzen. Die Parteien stellen zwar ihre Plakate auf, müssen aber für den Kontakt mit den Bürgern ins Internet flüchten. Die Corona-Pandemie dürfte sich auch auf die Art der Stimmabgabe auswirken. Experten prognostizieren einen Briefwahl-Boom.
Virus-Gefahr im Wahllokal? Wegen Corona rechnen Experten mit mehr Briefwählern denn je bei dieser Landtagswahl. Der Anteil der Briefwähler bei der Landtagswahl wird sich aus Sicht von Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider mindestens verdoppeln. „Corona wird das um ein Vielfaches verstärken – es ist nachvollziehbar, dass Menschen sich schützen wollen“, sagt der Experte der Uni Hohenheim der dpa. Die Briefwahl habe bereits in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Bei der Landtagswahl 2016 lag der Briefwähler-Anteil bei 21 Prozent – mehr als eine Million Wähler gaben ihre Stimme demnach nicht im Wahllokal ab. Brettschneider rechnet diesmal mit mindestens 50 Prozent.
Bei der Wahl am 14. März fordert CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann heraus. Insgesamt sind rund 7,7 Millionen Menschen wahlberechtigt, darunter etwa 500.000 Erstwählerinnen und Erstwähler. „Wir nehmen an, dass die Briefwahl eine nie da gewesene Rolle spielen wird“, hatte Kretschmann vor kurzem gesagt. Seine Partei wirbt unter anderem mit dem Slogan „Wähl doch wo du willst“ für die Briefwahl. Auch die CDU wirbt auf ihren Plakaten für die Briefwahl.
Die Parteistrategen müssen sich jedenfalls an die neuen Gegebenheiten anpassen. Denn Briefwähler warten mit ihrer Entscheidung nicht bis zum Wahltag. Deshalb zieht sich die „heiße Phase“ des Wahlkampfes, die sich auf die letzten Wochen vor dem Wahltag konzentriert, nun in die Länge. „Ab Mitte Februar ist jeden Tag Wahltag“, sagt Brettschneider. Denn innerhalb der nächsten drei Wochen, spätestens bis zum 21. Februar, werden die Wahlbenachrichtigungen an die Wähler verschickt.
Auch Landeswahlleiterin Cornelia Nesch stellt sich auf mehr Briefwähler ein. Verfassungsrechtliche Bedenken hat sie keine: „Jeder Briefwähler muss an Eides statt versichern, dass er die Stimme selbst abgegeben hat.“ Auch dass Briefwahlunterlagen verloren gehen, hält sie für keine Gefahr. „Die Deutsche Post ist da zuverlässig und erprobt.“