E-Auto-Fahrer genervt: Immer mehr Ladesäulen werden zerstört

13. November 2025 , 05:46 Uhr
Karlsruhe (dpa/dk) – Immer mehr Menschen legen sich ein E-Auto zu – dementsprechend bracht es dafür künftig auch mehr Ladesäulen. Mancherorts geht es aber genau in die andere Richtung. Immer häufiger werden Ladesäulen sabotiert oder zerstört. Auch das Karlsruher Unternehmen EnBW meldet einige Fälle. Aber es gibt kreative Ansätze um diesen Vandalismus zu verhindern.

Wie viele Vorfälle gibt es?

Der Karlsruher Energiekonzern EnBW als führender Anbieter von Schnellladepunkten in Deutschland spricht von bisher weit über 900 Kabeldiebstählen in diesem Jahr. Bei EWE Go aus Oldenburg liegt die Zahl im mittleren bis hohen zweistelligen Bereich. Ionity mit Sitz in München verzeichnet in Deutschland rund 30 gestohlene Kabel, europaweit etwas mehr als 100.

Eine bundesweite Übersicht zu solchen Fällen gibt es nicht. In der Polizeistatistik werden die Fälle nicht so präzise erfasst, wie das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg erklärten.

Wie entwickeln sich die Zahlen?

Die Anbieter sprechen von teils deutlichen Anstiegen in diesem Jahr. Bei EWE Go etwa hatte die Zahl der Fälle von 2022 bis 2024 «im sehr niedrigen zweistelligen Bereich» gelegen. Ionity sprach für den Zeitraum von nur einer Handvoll Fälle von Kabeldiebstählen in Deutschland und Großbritannien.

Wer sind die Täter?

Zum einen könnten es Diebe auf das Kupfer abgesehen haben – je nach Dicke und Leistungsfähigkeit enthalten Schnellladekabel laut EnBW zwischen vier und zehn Kilogramm des Metalls. Beim Schrotthandel bringe das etwa 50 Euro pro Kabel, auf dem Schwarzmarkt ungefähr die Hälfte.

Da das nicht besonders lukrativ sei, würden auch andere Beweggründe wie reiner Vandalismus oder gezielte Sabotage diskutiert, schreibt EnBW auf ihrer Internetseite. «Denn manche Taten scheinen ideologisch motiviert zu sein – etwa, weil man die Elektromobilität ablehnt: Kupferkabel, die erst hinter der Kabelführung abgeschnitten werden, wodurch noch ein Meter Ladekabel an der Säule hängt.» Der Rest sei wenige Schritte weiter ins Gebüsch geworfen.

Auch wenn alle Vorfälle angezeigt würden, zeige die Realität doch: Die Täter und Täterinnen zu schnappen, sei oft alles andere als einfach.

Wie hoch ist der Schaden?

«Ein einzelner Kabeldiebstahl verursacht für uns Kosten zwischen 2.500 und 5.000 Euro», teilte eine Ionity-Sprecherin mit. Bei der EnBW liegt der Schaden im Moment im niedrigen einstelligen Millionen-Bereich, wie eine Sprecherin mitteilte. Dabei fielen vor allem Materialkosten für neue Kabel ins Gewicht, Arbeitszeit und eine technische Prüfung der Ladesäulen, die vor der Inbetriebnahme vorgeschrieben sei. «Nicht enthalten ist der Umsatzverlust, für den Zeitraum, in dem die Ladestation nicht genutzt werden kann.»

Die Ionity-Sprecherin betonte, der immaterielle Schaden sei größer als die Reparaturkosten, «denn jeder Ausfall untergräbt das Vertrauen der Kundinnen und Kunden in die Zuverlässigkeit der Ladeinfrastruktur und damit in die Alltagstauglichkeit von E-Mobilität insgesamt».

Welche Folgen haben die Vorfälle für Leute, die laden wollen?

Die betroffenen Ladestationen sind nach Angaben der Anbieter meist mehrere Tage außer Betrieb, bis sie repariert sind. Falls ein frisch abgeschnittenes Kabel – und damit der Ausfall – noch nicht registriert wurde, kann es laut EnBW sein, dass ein Ladepunkt umsonst angesteuert wird. «Je nachdem, wie weit die nächste Ladestation entfernt ist, muss ein Umweg gefahren werden.»

Sind bestimmte Regionen besonders betroffen?

Regionale Schwerpunkte sind bei der EnBW Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Vereinzelte Fälle habe es im vergangenen Jahr auch in Thüringen und Rheinland-Pfalz gegeben. Ebenso gibt es den Angaben nach immer wieder Wiederholungstaten – also erneute Diebstähle an gerade erst reparierten Ladesäulen.

Weniger betroffen sind Standorte, die stark frequentiert sind. An Autobahnen etwa werde rund um die Uhr geladen, erläuterte die Ionity-Sprecherin. Für Kriminelle sei es dort deutlich schwieriger, unbeobachtet vorzugehen. Dazu passt auch, dass an Ladesäulen von Aral pulse einem Sprecher zufolge nur selten Kabel gestohlen wurden. «Unsere Ladesäulen befinden sich in der Regel an Aral Tankstellen, von denen ein großer Teil 24/7 geöffnet ist.»

Was machen die Anbieter, um Vandalismus zu verhindern?

Ionity stattet Kabel zunehmend mit Farbpatronen aus, die beim Aufschneiden platzen und unübersehbare Spuren hinterlassen. Die Kabel seien so eindeutig als gestohlen erkennbar, die Diebinnen und Diebe ebenfalls gekennzeichnet. «Erste Erfahrungen zeigen, dass Diebstahlsversuche an so gesicherten Standorten bereits abgebrochen wurden», teilte die Sprecherin mit. Zudem teste das Unternehmen verschiedene Tracking-Maßnahmen, um die Kabel verfolgen zu können und den Weiterverkauf zu erschweren.

Hingegen sieht EWE Go beim Einsatz von Tinte die Gefahr, die eigene Infrastruktur zu verunreinigen. Das verursache wiederum Kosten für Reinigung und Instandhaltung – und führe somit dazu, dass die Ladestation nicht so schnell wieder einsatzbereit sei. Kameratechnik beispielsweise sei effektiver.

Auch EnBW setzt auf abschreckende Maßnahmen wie verstärkte Beleuchtung oder Videoüberwachung. Doch diese lasse sich nicht ohne weiteres an allen Standorten installieren. Und die Modifizierung von Ladekabeln brauche Zeit, bis sie marktreif sei. Zudem sollen Diebstähle technisch immer mehr erschwert und so unattraktiv gemacht werden: Dazu zählen laut der EnBW-Homepage robustere Kabel mit schnittfestem Mantel gegen das Durchtrennen sowie Systeme, die Manipulationen in Echtzeit erkennen und sofort Alarm schlagen.

«Zusätzlich suchen wir den Kontakt mit den Ermittlungsbehörden, um gemeinsam nach präventiven Maßnahmen zu suchen», erklärte Volker Rimpler, Chief Technology Officer E-Mobilität. Ferner ist die Politik gefragt: «Wenn Ladekabel rechtlich als Teil der öffentlichen Energieinfrastruktur eingestuft werden, könnten strengere Strafrahmen greifen», heißt es auf der Internetseite.

Welche Schutzmaßnahmen wären noch denkbar?

Die Big. Bechtold-Gruppe unterstützt Unternehmen bei Sicherheitskonzepten und -technik. Vor Ort könnten zum Beispiel Kameras und Lautsprecher an vorhandene Lampenmasten installiert werden, die mit einer Leitwarte der Gruppe verbunden sind. Diese schalte sich im Fall einer Störung zu, analysiere die Situation und koordiniere mögliche Maßnahmen, erläuterte die geschäftsführende Gesellschafterin Daniela Bechtold.

«Ergänzend setzen wir auf KI-gestützte Verfahren, die Auffälligkeiten automatisch erkennen und das Sicherheitspersonal unterstützen können.» Für kurzfristige Einsätze etwa auch in Ladeparks gebe es mobile Videotürme.

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