Borkenkäfer lässt Waldbesitzern keine Verschnaufpause – Lage im Enzkreis noch unter Kontrolle

17. Mai 2024 , 09:28 Uhr

Enzkreis (pm/dk) – Der Wald ist einer der artenreichsten und vielfältigsten Lebensräume der Welt. Doch nicht alles, was im Wald summt und brummt, ist Anlass zur Freude für Waldbesitzer, Försterinnen und Förster. Martin Hemme, der das Forstrevier im Bereich Birkenfeld/Engelsbrand leitet, kann das nur bestätigen: „Die im April häufig sehr hohen Temperaturen haben in Kombination mit den ebenfalls überdurchschnittlich warmen Monaten Februar und März in diesem Jahr zu einem sehr frühen Schwärmstart der Borkenkäfer geführt.“ Auch die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) berichtet bereits von einem Schwärmstart-Rekord.

Was tun bei Befall?

Die im Wald Arbeitenden hält der Käfer gehörig auf Trab. Wie der stellvertretende Forstamtsleiter Michael Gerster berichtet, ist es schon jetzt zum Jahresbeginn besonders wichtig, so genannte Frischbefallskontrollen durchzuführen: „Nur wer den Befall rechtzeitig entdeckt, das Holz aufarbeitet und abfahren lässt oder anders unschädlich macht, hat die Chance, Herr der Lage zu bleiben. Denn Borkenkäfer vermehren sich exponentiell.“ Die bekannteste Borkenkäferart ist der Buchdrucker. Aus der Brut eines einzigen Buchdrucker-Weibchens können in einer Vegetationsperiode bei drei Generationen weit mehr als 100.000 Nachkommen hervorgehen. Das Übersehen eines befallenen Baumes kann deshalb eine regelrechte Kettenreaktion nach sich ziehen. Dies konnte zuletzt zum Beispiel im großen Stil im Harz beobachtet werden.

Bedingt durch den Klimawandel, Trockenjahre und warme Witterung sorgt der Borkenkäfer nach Worten Gersters sprichwörtlich für einen Marathon, den die Waldbesitzer, Försterinnen und Förster absolvieren müssen. Auswertungen der FVA zeigen, dass die Zahl der durch Borkenkäfer befallenen Fichten in Baden-Württemberg 2023 im sechsten Jahr in Folge auf hohem Niveau lag. Die zumeist warme Witterung erlaubte im Enzkreis auch im Jahr 2023 die Anlage einer dritten Buchdrucker-Generation.

Lage im Enzkreis noch unter Kontrolle

Felix Ost, Revierleiter von Neuhausen/Tiefenbronn, betont: „Es erschüttert auch uns, welche Schäden der Borkenkäfer in manchen Regionen in den letzten Jahren angerichtet hat. Umso mehr freut es uns, dass wir die Lage im Enzkreis noch im Griff haben.“ Gerster ergänzt: „Ich möchte in diesem Zusammenhang insbesondere den vielen Waldbesitzern danken, die sich unermüdlich um ihren Wald kümmern und diesen erhalten. Privatwaldbesitzer, die Hilfe bei der Bewirtschaftung ihres Waldes benötigen, können sich gerne an die für sie zuständige Försterin oder den für sie zuständigen Förster wenden. Sie   stehen gerne mit Rat und Tat zur Seite.“ Eine Übersicht, wer für die Privatwaldbesitzer die richtige Ansprechperson ist, findet sich HIER.

Nicht nur Fichten, auch Tannen betroffen

Martin Hemme weist darauf hin, dass nicht nur die Fichte von Borkenkäfern angegangen wird. Auch die Tannen hätten im Vorjahr zum Teil massiv unter Käferbefall zu leiden gehabt; dabei werden neben der Weißtanne häufig auch eingeführte Tannenarten wie die Edel- und Küstentanne befallen. In Baden-Württemberg stiegen die Befallszahlen laut der FVA 2023 auf das 2,5-fache des Vorjahreswertes an.

Wo sollten Waldbesitzer mit Kontrollen beginnen?

Besonders gefährdet sind Flächen mit Vorjahresbefall sowie Bäume im Umfeld von Sturmwürfen, Bäume mit Sturm- und Schneebruch, angerissene Bestände, südlich exponierte Flächen sowie Kuppenbereiche. Merkmale für einen frischen Befall sind zunächst Harztropfen und Bohrmehl. Der Harzaustritt zeigt eine Abwehrreaktion des Baumes, Bohrmehl eine erfolgreiche Besiedelung sowie die Anlage von Bruten. Im späteren Verlauf des Befalls kommt es zu Spechtabschlägen an der Rinde und Kronenverfärbung beziehungsweise Nadelabfall. Stämme, die beispielsweise in Folge von Windwurf oder Holzpolter am Boden liegen, sind ein besonderes Risiko, da sie auch von einer kleineren Käfermenge leicht besiedelt werden können. Ein Entrinden oder ein Schlitzen der Rinde kann das Insekt nur unschädlich machen, solange sich die Bruten noch im weißen Stadium befinden.

Die überdurchschnittlichen Niederschläge im Winterhalbjahr haben den Fichten und Tannen nach den letzten Dürrejahre- und Hitzeperioden sehr gut getan. Sie konnten dadurch häufig wieder an Widerstandskraft gegenüber Borkenkäferbefall gewinnen,

so Gersters Resümee. „Allerdings können die Bäume diese Widerstandskraft während der Saison bei anhaltend trocken-warmer Witterung auch rasch wieder verlieren, wie zum Beispiel das Jahr 2018 gelehrt hat. Ich kann daher nur an alle Waldbesitzer appellieren, beim Thema Borkenkäfer am Ball zu bleiben.“

Vielzahl von Borkenkäfer-Arten

Auch wenn immer von „dem Borkenkäfer“ geredet wird, handelt es sich genau genommen um eine Vielzahl unterschiedlicher Borkenkäfer-Arten. An der Fichte sind besonders der Buchdrucker, der Kupferstecher und der Gestreifte Nutzholzborkenkäfer aktiv. Letzterer kann das Holz erheblich entwerten. Der Buchdrucker befällt vornehmlich den Stammbereich von mittelalten bis alten Fichten. Der Kupferstecher dagegen bevorzugt insbesondere dünnborkige Stammteile im Kronenbereich älterer Fichten. Schon dünne Äste und Kronenmaterial ab drei Zentimetern Durchmesser sind für ihn bruttaugliches Material. An der Tanne können sich unter anderem der Krummzähnige Tannenborkenkäfer, der Kleine Tannenborkenkäfer, der Tannenrüssler, der Weißtannenborkenkäfer und der Mittlere Tannenborkenkäfer zu schaffen machen.

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