Ein Jahr Krieg in der Ukraine: „Das Feuer der Spendenbereitschaft geht nicht aus“
Region (lea) – Vor genau einem Jahr - am 24. Februar 2022 begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Als die ersten Helikopter über dem Land kreisten und die Raketen flogen, rechneten viele Experten mit einem Blitzkrieg. Wohl kaum jemand hätte gedacht, dass die Welt ein Jahr später auf 365 Tage erbitterte Kämpfe in Europa blicken kann. Die Bilanz: ernüchternd. Beide Seiten verzeichnen hohe Opferzahlen. Mehr als 13 Millionen Ukrainer haben ihr Land verlassen. Die Hoffnung verlieren möchten sie trotzdem nicht. Zwei Ukrainerinnen in unserer Region schauen zurück auf ein Jahr Krieg und Zuversicht. Tatenlos zusehen? Das kommt für die beiden nicht infrage. Auch ein Jahr nach Beginn des Krieges werden sie nicht müde, um Spenden zu werben.
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Ukrainer haben sich an das Elend gewöhnt
„Die Bilanz ein Jahr später?“, fragt Olga Skripnik etwas erstaunt. „Die Situation ist kritisch. Das Leid nimmt zu. Tag für Tag. Und die Menschen haben sich gewissermaßen an das Elend gewöhnt.“ Skripnik und ihr Mann haben zu Beginn des Krieges die „Rosineninitiative“ ins Leben gerufen. Sie nutzen dafür persönliche Kontakte in die Ukraine. Regelmäßig organisieren sie Hilfstransporte mit Sachspenden wie Zelte und Wärmedecken in die Kriegsgebiete. Skripnik erinnert sich: „Am Anfang des Kriegs sah man noch schockierte oder emotionale Gesichter auf den Bildern. Jetzt ist alles grau.“ Als seien alle Emotionen aus den Gesichtern der Menschen geschwemmt worden.
Hilfsbereitschaft gibt Kraft
Auch Maryna Pedchenko sorgt sich um ihre Landsleute. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Deutsch-Ukrainischen Verein in Karlsruhe. „Die Drohnen- und Raketenangriffe zerstören unsere Infrastruktur“, betont sie. Das mache die Menschen unruhig. „Bei allen liegen nach einem Jahr die Nerven blank. Niemand weiß, was morgen passiert.“ Kraft gebe ihr vor allem die Hilfsbereitschaft, die die Ukraine seit einem Jahr erfahre. „Von der Unterstützung waren wir von Anfang an überwältigt. Die Anfragen haben uns regelrecht überrollt“, erinnert sich Pedchenko.
Spendenbereitschaft hält an
Olga Skripnik ist stolz auf die zahlreichen Spenden, die die „Rosineninitiative“ mit ihren „Brummis“ in die Ukraine fährt. „Ich kann nicht sagen, dass die Spenden weniger werden. Es ist saisonabhängig und je nach Spendenaufruf sind es genauso viele wie immer“, betont sie. Das sei für sie die positivste Nachricht überhaupt. „Wir bekommen Sachspenden von überall. Erst letzte Woche habe ich bei den Krankenhäusern in der Region nachgefragt, ob sie Bettwäsche abgeben könnten.“ Damit reagiert sie auf Anfragen zahlreicher ukrainischer Krankenhäuser.
Opferzahlen sind hoch
Laut Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) sind bis zum 12. Februar 2023 mindestens 7.199 Ukrainer durch den Krieg gestorben. Mindestens 438 Kinder sind unter den Opfern. Bei den Zahlen handelt es sich ausschließlich um durch die Vereinten Nationen (UN) bestätigte Opfer. Experten rechnen mit einer weitaus höheren Dunkelziffer. Des Weiteren sind bis zum 07. Februar rund 18 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Das teilte das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) mit.
Russische Angriffe nehmen zu
In letzter Zeit nimmt die Zahl der russischen Angriffe im Osten der Ukraine wieder zu. Die amerikanische Nichtregierungsorganisation Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) zählt in der Woche vom 04. bis zum 10. Februar 870 Angriffe. In der Vorwoche seien es 799 gewesen. Die westlichen Geheimdienste und die Ukraine gehen angesichts dieser Entwicklung von einer erneuten russischen Offensive aus. „Man munkelt, dass zum Jahrestag neue Frontlinien eröffnet werden sollen“, erklärt Maryna Pedchenko. Diese Ungewissheit belaste die Menschen.
So könnt ihr helfen
Tatenlos zusehen? Das kommt für die beiden Ukrainerinnen nicht infrage. Auch ein Jahr nach Beginn des Krieges werden sie nicht müde, um Spenden zu werben. Der Deutsch-Ukrainische Verein sammelt in Durlach Sachspenden. Ob gebrauchte Computer, Haushaltsgeräte oder Medikamente – alles, was noch intakt ist, kann montags bis samstags abgegeben werden. Die Rosineninitiative ruft aktuell zu Spenden für sogenannte Überlebenspakete auf. „Ein Überlebenspaket sollte Dinge wie Kerzen, haltbare Lebensmittel, rezeptfreie, zivile Medizin, Thermounterwäsche und Ähnliches beinhalten“, heißt es auf deren Internetseite.