Wie eine App das medizinische Personal zu COVID-19-Zeiten entlasten soll
Karlsruhe (cmk) Das Coronavirus stellt die Gesundheitsversorgung derzeit nicht nur in Deutschland vor große Herausforderungen. Die Krankenhäuser sind zum Teil überfüllt, das Pflegepersonal kommt kaum noch hinterher und ist überarbeitet. Auch, weil die Überwachung der Patienten meist zu viel Personal und Zeit in Anspruch nimmt. Prof. Dr. Timo Schinköthe hat sich dem Problem angenommen und mit seinem Unternehmen CANKADO eine App entwickelt, die die Situation entlasten soll. Im Interview mit der neuen welle hat er die Anwendung "COVID-19 Caregiver Cockpit" vorgestellt.
Symbolbild: Adobe Stock
Als Medizinprodukt in der Europäischen Union registriert
Prof. Dr. Timo Schinköthe ist studierter Biologe und Computerwissenschaftler. Als Krebsforscher hat er sich an der Uni in Köln und München einen Namen gemacht. Als Geschäftsführer der Firma Cankado ist das Entwickeln von technischen Lösungen für Krebspatienten für ihn Beruf und Berufung gleichermaßen. Zusammen mit seinen Kollegen hat er sich dem zentralen Problem der Kliniken in dieser Zeit angenommen und eine Corona-App entwickelt, die das Potential hat, Hilfe und Entlastung zu bringen. Die App ist bereits als Medizinprodukt in der Europäischen Union registriert und steht Kliniken und COVID-19-Noteinrichtungen kostenlos zur Verfügung.
Zentrale Monitoring-Systeme meist nicht möglich
Im Interview mit der neuen welle erklärt Prof. Dr. Timo Schinköthe das eigentliche Problem: „Bei diesen neuen provisorisch aufgebauten COVID-19-Stationen haben wir Intensivbetten, die nicht an ein zentrales Monitoring-System angeschlossen werden können. So eine zentrale Beobachtung aller Patienten ist aber sehr wichtig. Um das zu kompensieren müssen immer Mitarbeiter herumlaufen und nachschauen, wie die Vitalwerte der Patienten sind. Viele Patienten sind aber in einem Zustand, in dem sie ihr Smartphone noch benutzen können.“ Genau dort setzt die App an – die Patienten können quasi mithelfen, das Personal vor Ort zu entlasten.
Arbeitszeit sparen und Prozess entlasten
Mit einem funktionierenden Smartphone können so die eigenen Werte wie zum Beispiel die Körpertemperatur ganz einfach selbst eingegeben werden, in einer Übersicht sehen die Ärzte die Daten dann in Echtzeit. Das bringt einen großen Vorteil, wie Prof. Dr. Timo Schinköthe erzählt: „Das manuelle Monitoren von Patienten fällt teilweise weg, das heißt ich spare damit Arbeitszeit. Dann kann ich die Ärzte und Pflegekräfte mit einbinden, die sich selbst in Quarantäne befinden und ich kann den Prozess entlasten, weil ich die Patienten eben etwas früher aus dem Krankenhaus entlassen und trotzdem noch beobachten kann.“
Klinik kann in Echtzeit auf Daten zugreifen
Die Daten werden in einer „Zentrale“ zusammengetragen, also in dem Krankenhaus oder der Einrichtung, wo die Patienten versorgt werden. „Schlussendlich unterteilen sich die Daten in drei Kategorien. Der erste Bereich sind die initialen Screening-Informationen, also gehört diese Person zu einer Risikogruppe? Das ist gerade dort wichtig, wo sich die Patienten erstmals bei einer Ambulanz melden. […] Die zweite Ebene ist die tägliche Erfassung von Erkältungssymptomen. Sei es Schnupfen, Husten oder alles das, was eben mit dem Krankheitsverlauf oder aber mit dem Krankheitsverlauf einer normalen Grippe assoziiert sein könnte. Das Dritte sind dann eben die mehrmals tägliche Bestimmung der Vitalwerte“, so der Geschäftsführer von CANKADO.
In Norditalien bereits im Einsatz
Die aktuelle Version von „COVID-19 Caregiver-Cockpit“ ist auf Englisch, Italienisch, Spanisch und Deutsch erhältlich. Vor allem in Norditalien sei die App bereits vermehrt im Einsatz, so Prof. Dr. Timo Schinköthe. In der aktuellen Ausnahmesituation hat sich das Unternehmen entschieden, das Produkt kostenlos zur Verfügung zu stellen. Alle Informationen samt Erklärvideo gibt es hier.